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Prozess um Finanzkrise: Ex-Premier Islands: Schuldig aber straflos

Islands früherer Regierungschef Geir Haarde muss wegen der verheerenden Bankenpleite seines Landes im Jahr 2008 nicht ins Gefängnis. Ein Sondergericht sprach den 61-Jährigen in nur einem von vier Anklagepunkten schuldig.

Reykjavik - Ein vom Parlament eingesetztes Sondergericht sprach den 61-Jährigen am Montag nur in einem von vier Anklagepunkten schuldig. Haarde hatte es demnach damals versäumt, die Regierung ausreichend über den Zusammenbruch des heimischen Bankensystems im Zuge der Finanzkrise zu informieren. So habe er etwa keine Kabinettssitzung darüber einberufen.

Im Herbst 2008 war Island in nur wenigen Wochen von einem der reichsten Länder der Welt zu einem sehr Armen geworden. Die drei damals – zu spät – zwangsverstaatlichten Großbanken Kaupthing, Landsbanki und Glitnir hatten durch hochriskante, weltweite Kreditgeschäfte einen enormen Schuldenberg angehäuft. Zeitweise soll dieser nach Schätzungen das Neunfache der isländischen Wirtschaftsleistung betragen haben.

Dem früheren Regierungschef der 320 000 Einwohner zählenden Insel wurde vorgeworfen, nicht angemessen auf die Finanzkrise reagiert zu haben. So soll er zahlreiche Warnzeichen ignoriert haben. Auch habe er es versäumt, die rechtzeitig unterbreiteten Vorschläge eines Ausschusses zur Stärkung der isländischen Wirtschaft umzusetzen.

Haarde, der mit seiner Familie im Gericht erschienen war, kündigte direkt nach dem Urteil an, in Berufung zu gehen. Der Verurteilte, Regierungschef von 2006 bis Februar 2009, bezeichnete den Prozess als „Farce“, als „politische Verfolgung“ durch die Island derzeit regierende rot-grüne Koalition. Er hatte dementsprechend jegliche Schuld am letztlich nur durch massive IWF-Kredite und Finanzhilfen aus den anderen nordischen Ländern verhinderten Totalzusammenbruch der isländischen Wirtschaft und Währung 2008, abgelehnt. „Keiner von uns konnte voraussehen, dass etwas so krasses mit dem Bankensystem passieren würde“, sagte er bereits zum Prozessauftakt Anfang März. Es sei absurd ihm die Schuld für die Pleite des Landes in die Schuhe zu schieben. anw/dpa

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