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Politik: Putin schickt Nationalisten zur Nato Dmitri Rogosin wird Botschafter in Brüssel

Moskau - Gemunkelt wurde über die Personalie in Moskau schon seit Wochen. Publik wurde sie indes erst, als Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer Russlands neuem Nato-Botschafter nun das Agreement erteilte.

Moskau - Gemunkelt wurde über die Personalie in Moskau schon seit Wochen. Publik wurde sie indes erst, als Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer Russlands neuem Nato-Botschafter nun das Agreement erteilte. Putin hatte offenbar mit Widerständen in Brüssel gerechnet. Denn Dmitri Rogosin, der dort schon diese Woche sein Amt antreten soll, wie die halbamtliche Nachrichtenagentur RIA nowosti meldete, geht ein Ruf wie Donnerhall voraus.

Der 44-jährige Jurist ist die Speerspitze großrussischer Nationalisten und diente schon der Sammlung um General Alexander Lebed Mitte der Neunziger als ideologischer Vordenker. Den von beiden dominierten „Kongress russischer Gemeinden“ schmiedete Rogosin im Vorfeld der Parlamentswahlen 2003 zu einem linksnationalen Bündnis mit dem Namen „Rodina“ (Heimat) um. Drahtzieher waren kremlnahe Polittechnologen, die hofften, Rogosin werde die KP schwächen, die aber feststellen mussten, dass sich das Projekt verselbstständigt hatte.

Dass „Rodina“ drittstärkste Duma- Fraktion wurde und in den Regionen häufig mehr Zustimmung erhielt, als die Kremlpartei „Einiges Russland“, hat auch mit Rogosins Charisma zu tun. Jung und dynamisch, gut aussehend, ein begnadeter Redner und Demagoge, schürte er Ängste vor Verschwörungen des Westens und Sezessionisten im muslimischen Nordkaukasus gegen Mütterchen Russland und den orthodoxen Glauben.

Selbst im relativ liberalen Moskau kam die Rogosin-Truppe kurz vor den Wahlen zum Stadtparlament Ende 2005 bei Umfragen auf 40 Prozent, wurde aber disqualifiziert. Formeller Anlass war ein rassistisches Wahlkampf-Video: Kaukasier essen Melonen und lassen die Schalen liegen. Kommentar: „Säubern wir unsere Stadt von diesem Müll“. Wer oder was mit Müll gemeint war, blieb dem Zuschauer überlassen. Nicht das Video, sagten damals Bürgerrechtler, hätte Rogosin ausmanövriert, sondern der Umstand, dass er bei freien und fairen Wahlen womöglich Putins designierten Nachfolger auf die Plätze verwiesen hätte. Der Kreml verhinderte alle Relaunch-Versuche Rogosins und trug ihm das Amt des Nato-Botschafters an: In Brüssel kann er im innerrussischen Machtgerangel nicht mehr mitmischen, wohl aber seinen Ehrgeiz ausleben und Russlands nationale Interessen rabiat durchsetzen. Dazu kommt, das Putin nach der Ernennung des Liberalen Dmitri Medwedew zum designierten Nachfolger einen Radikalen auf eine außenpolitische Schlüsselposition hieven musste, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Elke Windisch

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