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Politik: Querdenker aus dem Sauerland

Eigentlich hatte man gedacht, er würde doch noch für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan stimmen. Christian Simmert würde zähneknirschend dem Kanzler das Vertrauen aussprechen, und "Ja" sagen.

Eigentlich hatte man gedacht, er würde doch noch für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan stimmen. Christian Simmert würde zähneknirschend dem Kanzler das Vertrauen aussprechen, und "Ja" sagen. Aber stattdessen war es Monika Knoche, die ziemlich überraschend ihre harsche Ablehnung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan über Nacht noch zu einer Zustimmung werden ließ. Dabei wirkt der 28-jährige Simmert so gar nicht wie ein Grüner Fundi. Lässiger Kurzmantel und trendy Haarschnitt passen nicht in das Klischee, und schon gar nicht sein Beruf. Simmert ist ausgebildeter Werbeassistent.

Es war nicht nur der Bundeswehreinsatz, gegen den sich Simmert stellte. Er hält den ganzen Krieg für falsch. Dieser werde "den Terrorismus nicht bekämpfen"; die amerikanischen Luftangriffe sorgten außerdem für eine "zusätzliche Solidarisierung" der Bevölkerung mit den Terroristen, hatte der Sauerländer seine Ablehnung begründet. Davon hatte ihn auch sein Besuch in den USA vor wenigen Tagen nicht abgebracht.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: Deutschland und der Krieg Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Dabei hatte Simmert, der in sicherheitspolitischen Fragen stets zur kritikfreudigen Gruppe in der Fraktion gehört, keine Probleme, sich nach der Verhängung des Nato-Bündnisfalles Mitte September mit der Fraktion hinter Außenminister Joschka Fischer zu stellen. Damals sagte er: "Ich habe mit meiner Zustimmung keinen Blanko-Scheck für Nato-Einsätze unterschrieben".

Simmert ist Querdenker. Ob ihm, der das erste Mal im Bundestag sitzt, sein Verhalten viele Freunde beschert, scheint ihm egal zu sein. Er stimmte auch schon gegen den Kosovokrieg und gegen den Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr. Im Bundestag ist er ansonsten aber bisher in anderen Bereichen in Erscheinung getreten. Jugendarbeit, Zivildienst, das sind die Themen, um die sich Simmert kümmert. Aber angepasstes Verhalten liegt ihm eben nicht. Als vor vier Jahren seine Tochter Pia geboren wurde, nahm er für ein Jahr Erziehungsurlaub. Als ihm vor zwei Jahren ein Saaldiener wegen seiner Kleidung das Bundestagsmandat nicht zutraute, sagte Simmert: "Wenn ich so aussähe wie alle anderen, dann hätte ich was falsch gemacht."

Und den Beitritt zu den Grünen, den hat er "aus Trotz und ganz spontan auf einem Bierdeckel" unterschrieben. Das war vor elf Jahren, als die Partei 1990 bei den Wahlen nicht den Einzug in den Bundestag schaffte. Zusammen mit dem Golfkrieg sei das der entscheidende Anstoß für sein politisches Engagement gewesen. Aber Simmert kann auch Einrichtungen, für die er sich lange engagiert hat, den Rücken zukehren. Er war aktiver Katholik, leistete seinen Zivildienst bei der katholischen Studentengemeinde Münster ab. Doch weil er immer mehr an der Kirche zweifelte, trat er vor zwei Jahren aus - und wurde evangelisch. Auch für den Bundestag will er 2002 nicht mehr kandidieren.

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