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Radioaktivität: Einsturzgefahr im Atommülllager Asse

Beunruhigende Neuigkeiten aus dem Endlager Asse bei Wolfenbüttel: Eine Kammer mit radioaktiv belastetem Atommüll steht kurz vor dem Einsturz. Dort lagern etwa 6000 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als neuer Asse-Betreiber berichtete am späten Mittwochabend auf seiner Internetseite von Deckenschäden in der sogenannten Kammer 4 auf der 750-m-Sohle der Schachtanlage. Der Leiter des Referats Endlagerung beim niedersächsischen Umweltministerium, Joachim Bluth, sagte am Donnerstag in Hannover, die Decke könne jederzeit einstürzen.

In der Kammer lagern etwa 6000 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen. "Es besteht die Gefahr, dass die Fässer zerstört werden", sagte Bluth. Durch eine Druckwelle könnte Radioaktivität innerhalb der Asse freigesetzt werden. Für den Stollen bestehe aber insgesamt keine Gefahr. Die größte Sorge sei, dass der Wasserzufluss in die Asse stark beeinflusst werden könnte. Derzeit sickern täglich etwa zwölf Kubikmeter Wasser ein. Laut Bluth kann der Zufluss nach einem Einsturz der Kammer 4 auf "100 oder 200 Kubikmeter" ansteigen.

Verwundert über die Unruhe

Der Wolfenbütteler Landrat Jörg Röhmann (SPD) rät trotz des Vorfalls zu Besonnenheit. "Es verwundert mich, dass plötzlich diese Unruhe aufkommt, wir wissen doch seit langem, dass die Einlagerungskammern unter Druck geraten", sagte Röhmann. 

Laut Landesumweltministerium wurde das BfS aufgefordert, nun schnellstmöglich ein Konzept vorzulegen. Man könnte die Kammer mit Beton auffüllen. Das ganze wäre dann stabiler, die Atommüll-Fässer wären später aber schwerlich zu bergen. Der Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel forderte eine gründliche fachliche Analyse der Schäden. Es müsse auch geprüft werden, ob eine Öffnung der Kammer möglich sei, um das Problem besser zu analysieren.

Umweltminister war nicht informiert?

Irritiert äußerte sich Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP), der nach eigenen Angaben bis Donnerstag nicht über den Fall informiert wurde. Laut Bluth waren Landes- und Bundesumweltministerium aber bereits seit Dezember informiert.

Sander kritisierte das BfS, nicht früher öffentlich Stellung bezogen zu haben. Mit der angekündigten stärkeren Transparenz des neuen Betreibers habe dies nichts zu tun. Das BfS betreibt das Atommülllager seit Neujahr. Zuvor war Helmholtz Zentrum München verantwortlich.

"Es wird immer erst gehandelt, wenn es schon akut ist"

Das BfS wies die Vorwürfe als unbegründet zurück. Das Niedersächsische Umweltministerium und das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie seien am 3. Dezember 2008 vom damaligen Betreiber, dem Helmholtz-Zentrum München, über die "gebirgsmechanische Situation" informiert worden.

Heftige Kritik am BfS äußerten auch Bürgerinitiativen. "Die eiern rum. Es wird immer erst gehandelt, wenn es schon akut ist", sagte der Sprecher der Asse-Gegner, Peter Dickel. Am Donnerstagabend sollte der Umweltausschuss der Landtags kurzfristig zu einer Sondersitzung zusammentreten. (mpr/dpa)

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