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Raketenabwehr: Kreml entschärft Putin

Im Streit um die Stationierung amerikanischer Raketen in Osteuropa hat der Kreml die harten Worte von Russlands Präsident Putin abgemildert. Neue Raketenziele in Europa wären eine rein hypothetische Frage.

Der Kreml hat die Drohung von Präsident Wladimir Putin entschärft, Russland könnte als Reaktion auf ein amerikanisches Raketenabwehrsystem neue Raketenziele in Europa ins Visier nehmen. Es sei nur eine "rein hypothetische" Antwort Putins auf die Frage nach eventuellen Gegenmaßnahmen gewesen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm. Im Westen waren Putins Äußerungen als Rhetorik im Stil des Kalten Krieges kritisiert worden.

"Russland ist das letzte Land in der Welt, das eine Konfrontation anstrebt oder einen neuen Kalten Krieg lostreten will", sagte Peskow. Am Donnerstag werden Putin und US-Präsident George W. Bush über das Thema sprechen.

Putin: "Eine Frage der Technik"

In einem vom Kreml am Montag veröffentlichten Wortlaut des Putins-Interviews mit Print-Medien der G8-Länder klang die Raketen-Ankündigung sehr konkret. "Natürlich müssen wir neue Ziele in Europa anvisieren. Und welche Mittel für das Treffen dieser Objekte vorgesehen werden, die nach Ansicht unserer Militärs eine potenzielle Bedrohung für Russland darstellen, das ist eine Frage der Technik: Ballistische Raketen oder Marschflugkörper, oder es können gänzlich neue Systeme sein - das ist, ich wiederhole, eine Frage der Technik."

Bush versuchte, Putins Äußerungen herunterzuspielen. Eine militärische Antwort auf die Drohung Putins brauche es nicht, sagte Bush in einem Hintergrundgespräch mit US-Journalisten. Möglicherweise hätten die scharfen Worte Putins bloß innenpolitische Hintergründe. Allerdings kenne er Putins Motive nicht. Er sei sehr an einem guten Verhältnis zu ihm interessiert, betonte Bush.

Kräftegleichgewicht in Gefahr

Putin werde von Bush mit Nachdruck eine Erklärung für den Raketenabwehrplan verlangen, kündigte Peskow an. Die bisherigen Versicherungen, das System sei nicht gegen Russland, sondern gegen Bedrohungen aus den so genannten "Schurkenstaaten" gerichtet, seien "nicht zufrieden stellend", betonte er. Auch der Iran werde "in absehbarer Zeit" keine Raketen haben, die Massenvernichtungswaffen nach Europa bringen könnten. Russland kritisiert, die amerikanischen Pläne würden das Kräftegleichgewicht in der Welt verändern.

Auch Peskow betonte, man wolle sich auf Gemeinsamkeiten konzentrieren. Das gegenseitige Verhältnis sei von Offenheit geprägt. Er wies zugleich erneut Bushs Kritik an der Demokratie in Russland zurück. Bush hatte kurz vor der Reise nach Heiligendamm in Prag Rückschritte bei der Demokratie in Russland bemängelt. Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf den USA daraufhin vor, die Entscheidung, US-Raketenabwehrtechnik in Polen und Tschechien aufzustellen, entstamme "absolut der Mentalität des Kalten Kriegs". (mit dpa)

Heiligendamm

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