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Politik: Raketenabwehr: USA wollen Testanlage bauen

Die USA wollen in der Nacht zum kommenden Sonntag einen neuen Raketenabwehrtest durchführen. Das wäre der erste Test der umstrittenen nationalen Raketenabwehr (MD) in der Amtszeit von US-Präsident George W.

Die USA wollen in der Nacht zum kommenden Sonntag einen neuen Raketenabwehrtest durchführen. Das wäre der erste Test der umstrittenen nationalen Raketenabwehr (MD) in der Amtszeit von US-Präsident George W. Bush. Das US-Außenministerium informierte Botschafen und Konsulate über dieses Vorhaben. Auch erwähnte das Ministerium ausdrücklich, dass der Ausgang des geplanten Tests keine Auswirkungen auf die zukünftigen Aufbaupläne der Raketenabwehr haben werde. Hiermit unterscheidet sich die Politik Bushs von der seines Vorgängers Bill Clinton, der Test-Fehlschläge als Anlass nahm, weitere Planungen des Systems zu überdenken und seinem Amtsnachfolger zu überlassen. Die Bush-Administration legte jetzt einen detaillierten Plan für Testanlagen, seegestützte Abfangwaffen sowie auf Flugzeugen stationierte Laserwaffen vor, die alle ab 2004 einsatzbereit sein sollen. Der für Samstag geplante vierte Test stößt international auf heftige Kritik.

Der russische Präsident Putin warnte wiederholt vor einer Verletzung des ABM-Vertrags. Die USA hatten 1972 mit der Sowjetunion, deren Rechtsnachfolger Russland ist, den ABM-Vertrag geschlossen. Dieser verbietet beiden Staaten unter anderem einen landesweiten Abwehrschirm, wie ihn nun die USA planen. Das US-Außenministerium verwies darauf, dass sie mit ihren Plänen vermutlich eher in einigen Monaten als in einigen Jahren mit dem ABM-Vertrag in Konflikt geraten würden. Die geplante erstmalige Errichtung eines bodengestützten Raketenabwehrsystems in Alaska, vorgesehen für 2004, verstößt gegen den Vertrag, der nur zwei örtlich begrenzte Systeme erlaubt. Bush will die Pläne zur Errichtung des Raketenabwehrsystems ungeachtet der Kritik vorantreiben. Die USA begründen ihre Pläne mit der angeblichen Gefahr, die von so genannten Schurkenstaaten wie Nordkorea oder Irak ausgehe. Deren Führungen seien unberechenbar, sodass es zu Raketenangriffen komme könne, gegen die sich die USA mit dem System wappnen müssten.

Russland und China lehnen die Pläne ab, die auch bei den Nato-Partnern der USA auf Skepsis stoßen. Kritiker befürchten, dass die USA mit dem System ein neues Wettrüsten auslösen könnten. Bush hat den ABM-Vertrag als "Relikt der Vergangenheit" bezeichnet. In der internationalen Welt gilt der ABM-Vertrag als Grundlage der Stabilität. Bush hat angekündigt, zur Umsetzung des Systems notfalls den ABM-Vertrag auszusetzen. Russland und China beharren bislang auf die Einhaltung des Vertrags.

Auch für seine PR-Kampagne im Inland käme Bush ein Test-Misserfolg gerade zu diesem Zeitpunkt äußerst ungelegen. Nach dem Machtwechsel zu Gunsten der Demokraten im Senat schlägt ihm auch in Sachen Raketenabwehr ein schärferer Wind entgegen. Und es geht um bare Münze. Rumsfeld hat beim Kongress für das Fiskaljahr 2002 zusätzliche drei Milliarden Dollar für Testeinrichtungen beantragt, die in relativ kurzer Zeit zum Standort erster Raketenabwehr-Elemente werden könnten.

Matthias Thibaut

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