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Der Einschlag ereignete sich am Nachmittag des 15. November 2022, als Russland die Ukraine mit einem massiven Angriff auf die zivile Infrastruktur attackierte, wodurch Millionen von Haushalten ohne Strom blieben.

© Foto: AFP/WOJTEK RADWANSKI/DAMIEN SIMONART

Update

Raketeneinschlag in Polen: Schob Russen die Schuld zu – US-Nachrichtenagentur entlässt Journalisten

Der Raketeneinschlag in Polen hätte zu einer weiteren Eskalation führen können. Fehlerhafte Berichterstattung in den ersten Stunden nach dem Vorfall verstärkte die Sorge.

| Update:

Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hat einen Journalisten entlassen, nachdem dieser mutmaßlich unsauber gearbeitet hatte. Im Speziellen geht es um die Berichterstattung rund um den Raketeneinschlag in Polen, berichten die US-amerikanische Nachrichtenseite „The Daily Beast“. und die Zeitung „The Washington Post“. Ein interner Chatverlauf soll den chaotischen Prozess um die Berichterstattung zeigen.

Vergangenen Dienstag waren Raketen in dem polnischen Dorf Przéwodow eingeschlagen. Der Ort liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Laut dem ukrainischen Militär schoss die russische Armee an diesem Tag 90 Raketen auf das Land ab. Betroffen war demnach das gesamte Staatsgebiet. Hauptziel sei die zivile Infrastruktur gewesen. Landesweit kam es zu Stromausfällen.

Als kurz vor 20 Uhr die ersten Meldungen über den Raketeneinschlag in Polen über die Nachrichtenticker kamen, meldete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf „einen hochrangiger US-Geheimdienstmitarbeiter“, dass „russische Raketen in das Nato-Mitglied Polen eingedrungen sind und zwei Menschen getötet haben“.

Nachrichtenagentur korrigiert sich

Am Folgetag korrigiert sich die Agentur: „In früheren Versionen eines Artikels, der am 15. November 2022 veröffentlicht wurde, berichtete die Associated Press fälschlicherweise unter Berufung auf Informationen eines hochrangigen amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters, der anonym bleiben wollte, dass russische Raketen in Polen eingeschlagen und zwei Menschen getötet hätten.“

Nun meldete die AP unter Berufung auf US-Vertreter, dass es sich nach ersten Erkenntnissen um eine Flugabwehrrakete handle, die ukrainische Soldaten offenbar abgefeuert hätten, um eine russische Rakete abzuwehren. Ähnliche Mutmaßungen hatten Experten bereits am Dienstagabend angestellt.

Associated Press hat Regeln im Umgang mit anonymen Quellen

Zu diesem Zeitpunkt haben jedoch weltweit Medien die Nachricht über den russischen Raketeneinschlag in dem Nato-Land verbreitet. James LaPorta, der die Erstmeldung verfasste, sei nun entlassen worden, wie „The Daily Beast“ berichtet. Die „Washington Post“ beruft sich auf Mitarbeiter der Nachrichtenagentur. Zuvor soll es eine kurze interne Untersuchung gegeben haben. Weder LaPorta noch die AP wollten sich gegenüber den Medien äußern.

Die strengen redaktionellen Standards und Praktiken von The Associated Press sind entscheidend für die Mission von AP als unabhängige Nachrichtenorganisation.

AP-Sprecher gegenüber „The Daily Beast“

Ein Sprecher der Agentur kommentierte lediglich die Arbeitsweise von AP: „Die strengen redaktionellen Standards und Praktiken von The Associated Press sind entscheidend für die Mission von AP als unabhängige Nachrichtenorganisation. Um sicherzustellen, dass unsere Berichterstattung genau, fair und faktenbasiert ist, halten wir uns an diese Standards und setzen sie durch, auch was die Verwendung anonymer Quellen angeht.“

Einer dieser Standards ist das Zwei-Quellen-Prinzip, wenn anonyme Quellen zitiert werden. In der Richtlinie heißt es dazu: „Die AP sucht und verlangt routinemäßig mehr als eine Quelle, wenn es sich um anonyme Quellen handelt.“ Das ist in dem Fall des Raketeneinschlags in Polen offenbar nicht geschehen.

Chaotischer Chatverlauf führt zu fehlerhaften Eilmeldung

Ein interner Chatverlauf der Nachrichtenagentur AP soll nun den chaotischen Prozess zeigen, der zu der Eilmeldung Russische Raketen sind in das Nato-Mitgliedsland Polen eingedrungen geführt hat, berichtet die Nachrichtenseite „Semafor“. In einer ersten Nachricht um 13.32 Uhr (Ortszeit New York) meldete LaPorta unter Berufung auf seine anonyme Quelle demnach, dass russische Raketen in Polen und Moldau eingedrungen seien. Ron Nixon, APs Vizepräsident für Investigatives, habe die Quelle überprüft. Dem hätten mehrere involvierte Personen widersprochen, schreibt „Semafor“.

Gefragt, ob man aufgrund nur einer Quelle eine Eilmeldung rausschicken könnte, habe LaPorta geantwortet: „Diese Entscheidung übersteigt meine Gehaltsklasse.“ Letztendlich hätten sich die AP-Kolleg:innen darauf verlassen, dass die Quelle durch ihren Vizepräsidenten bestätigt wurde und die Eilmeldung versendet.

LaPortas Co-Autor bei der Meldung, John Leicester, soll weiterhin für die Nachrichtenagentur arbeiten, berichtet „The Daily Beast“. Ob es weitere Sanktionen auch für den Lektor der Meldung gibt, sei unklar. (Tsp)

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