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Rassismusvorwurf: Europarat sorgt sich um die schweizerische SVP

Die größte Regierungspartei in der Schweiz – ein Hort von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit? Ein Bericht des Europarates über die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat in der Eidgenossenschaft große Aufregung ausgelöst.

In der Studie des Ausschusses gegen Rassismus und Intoleranz im Europarat (Ecri) warnen die Experten, der „politische Diskurs“ der SVP habe „in den letzten Jahren einen rassistischen und fremdenfeindlichen Ton angenommen, der zu rassistischen Verallgemeinerungen über Ausländer, Muslime und andere Minderheitengruppen geführt hat“.

Die Schelte löste in Bern Betroffenheit aus, ist die SVP doch seit den Wahlen 2007 mit einem Stimmergebnis von 30 Prozent die stärkste politische Kraft in der Schweiz. Bis zu einem internen Zerwürfnis zwischen dem nationalkonservativen Zürcher Flügel und gemäßigten Kräften stellte die SVP zwei Minister (Bundesräte) in dem sieben Minister umfassenden Kabinett in Bern. Derzeit vertritt nur der frühere SVP-Vorsitzende Ueli Maurer seine Farben als Verteidigungsminister am Regierungstisch.

Christoph Blocher (68) aber, der Milliardär und frühere Justizminister, verkörpert seit Jahren die SVP: laut, raubeinig, engstirnig. Zwar bekleidete der Zürcher Volkstribun nie das Amt des SVP-Parteichefs. Mit seiner brachialen Bierzeltrhetorik aber schart er alle nationalkonservativen Elemente der Schweiz hinter sich. Der Pfarrerssohn formte aus der früheren Randpartei, verschlafen und ohne inhaltliche Schwerpunkte, eine schlagkräftige Truppe, die bis heute mit simplen Slogans auf Stimmenfang geht: Die Schweiz den Schweizern, Nein zu einer EU-Mitgliedschaft Helvetiens, Nein zum „kriminellen“ Asylmissbrauch, Nein zu einem starken Staat in der Wirtschaft. „Die SVP ist ein konstantes Ärgernis und eine Gefahr für die Schweiz, weil sie an die niederen Instinkte der Menschen appelliert“, analysiert der Genfer Soziologe Jean Ziegler. Mit dem langsamen Rückzug des Übervaters Blocher dürfte aber nach Meinung von Experten auch der Stern der Partei sinken. Der aktuelle Parteichef Toni Brunner drischt zwar auch auf alles Nichtschweizerische ein. Nur springt bei dem Bauern aus St. Gallen der Funke nicht so über wie bei seinem Ziehvater Blocher. Brunner ist nicht Blocher. Auch ein finanzielles Problem steht der Partei ins Haus: Bislang pumpte der schwerreiche Industrielle Blocher eifrig Geld aus seinem Privatvermögen in seine politische Mission. Keine andere Partei leistete sich in den vergangenen Wahlkämpfen eine derart teure Präsentation, keine andere Partei organisiert ihre Kampagnen so professionell. Doch auch für Blocher als Geldgeber hat die SVP noch keinen rechten Ersatz gefunden. 

Jan Dirk Herbermann

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