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Politik: …Raucher das Schlimmste fürchten müssen

Das Leben des Rauchers müssen wir uns als permanenten Kampf ums Biotop vorstellen. Wie die hohlwangige Knoblauchkröte weicht er vor der Ausbreitung der Zivilisation zurück, verliert hier einen Rückzugsraum, dort eine Nachschubquelle, er muss sich ohne Deckung unter freiem Himmel aufhalten oder in unverträgliche Milieus abtauchen.

Das Leben des Rauchers müssen wir uns als permanenten Kampf ums Biotop vorstellen. Wie die hohlwangige Knoblauchkröte weicht er vor der Ausbreitung der Zivilisation zurück, verliert hier einen Rückzugsraum, dort eine Nachschubquelle, er muss sich ohne Deckung unter freiem Himmel aufhalten oder in unverträgliche Milieus abtauchen. Viele Raucher haben es längst aufgegeben, ihr artspezifisches Verhalten in der Öffentlichkeit zu zeigen; stattdessen quarzen sie verschämt im Auto und fahren notfalls zehnmal um den Block, bis der Nikotinpegel wieder stimmt.

Nicht mehr lange. Denn CDU, CSU und SPD, die sich sonst praktisch über nichts einig sind, erwägen, das Rauchen am Steuer zu verbieten. Die Argumentationslinien kennen wir alle schon vom Handy. Lenkt gefährlich vom Fahren ab, sagen die Befürworter. In der Tat: Packung suchen, Packung aufreißen, Fluppe herausnehmen, Anzünder drücken, Anzünder nochmal drücken, tief inhalieren, husten – das reicht locker für einen Unfall in TagesschauFormat. Die Gegner kontern, da müsse man auch verbieten, beim Fahren zu essen oder Taschentücher aus dem Handschuhfach zu holen. Das Handyverbot ist bekanntlich trotzdem gekommen.

Deshalb, Raucher, bereitet euch auf das Schlimmste vor. Schon beim geringsten Verdacht wird die Staatsmacht Zigarettenanzünder und Aschenbecher verplomben und die Vorführung des Autos beim Ordnungsamt im Wochenrhythmus verfügen. Beliebte Angewohnheiten des deutschen Autorauchers – das Auskippen des Aschenbecherinhalts ins Cabrio nebenan, das Fahren in Schlangenlinien beim Suchen im Genitalbereich nach der abgefallenen Glut – werden mit Freiheitsstrafen oder Zwangseinweisung in eine Suchtklinik bestraft. „Hauchen Sie mich mal an!“ – diese Worte dürften bald nicht mehr nur Säufer schrecken.

Kann die Industrie da noch was wuppen? Denkbar, dass das aufkeimende Gesetz eine Nische für den Einsatz von Freirauchanlagen lässt, die es dem Fahrer erlauben, zu rauchen und gleichzeitig beide Hände am Steuer ruhen zu lassen. Irgendwie um den Kopf geschnallt mit einem Hauch von Intensivstation? Vielleicht in Verbindung mit dem Telefon? Umgeleitet über den Rußfilter?

Wie auch immer: Das Verbot muss schon deshalb durchgesetzt werden, damit unsere Politiker wieder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gewinnen. Wenn wir nicht einmal mit den Autorauchern fertig werden, werden sie denken, wozu wären wir überhaupt noch da? Und dann könnte es ihnen am Ende gehen wie den Knoblauchkröten. bm

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