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Reaktionen: Klimagipfel ist eine "Schande für die Industrieländer"

Eine "mittlere Katastrophe", eine "Ohrfeige für das Weltklima": Die Kritik am Ausgang des Klimagipfels von Kopenhagen zieht sich durch alle politischen Lager. UN-Generalsekretär Ban hingegen ist zufrieden - und auch Kanzlerin Merkel verkauft den Minimalkompromiss als Erfolg.

Das magere Ergebnis des UN-Klimagipfels von Kopenhagen hat bei Politikern, Umweltschützern, Wissenschaftlern und Kirchenvertretern großen Frust hervorgerufen. "Ich finde, es ist eine Schande, wie die Staats- und Regierungschefs die Zukunft ihrer eigenen Kinder und Enkelkinder aufs Spiel setzen", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Samstag in Magdeburg. "International ist das eine mittlere Katastrophe", kritisierte der frühere Umweltminister.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von Licht und Schatten. "Wir sind einen Schritt vorangekommen, ich hätte mir aber mehr Schritte gewünscht", sagte die Kanzlerin am frühen Samstagmorgen. Die Verhandlungen seien "extrem schwierig" gewesen. Mit der Vereinbarung habe aber ein Scheitern verhindert werden können.

Das Plenum des Gipfels hatte eine von 25 führenden Staaten ausgehandelte Vereinbarung, die unter anderem die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius vorsieht, aber keine klaren Reduktionsziele für den Kohlendioxid-Ausstoß nennt, lediglich  anerkannt. Damit gibt es weder ein rechtlich verbindliches noch ein politisch bindendes Abkommen.

"Darum darf man nicht herumreden"

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, sie sei fassungslos und wütend. "Kopenhagen ist ein gescheiterter Gipfel." Die 193 Staaten hätten sich eines der schwersten Verbrechen schuldig gemacht, "nämlich des Verrats an der Zukunft der Kinder unserer Erde", so Roth. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte der "Welt am Sonntag": "Dass der Klimagipfel jetzt kein Ergebnis beschlossen hat, ist enttäuschend. Darum darf man nicht herumreden."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte die Klima-Vereinbarung hingegen einen "guten Start". "Mir ist klar, dass viel mehr notwendig sein wird, um den Pfad der Erderwärmung zu verlassen, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung." Ein rechtsverbindlicher Vertrag sei notwendig.

Der leitende Klimawissenschaftler am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut, Peter Lemke, sagte: "Ohne abgestimmte Ziele für die Treibhausgas-Reduzierung ist die Erderwärmung nicht auf zwei Grad Celsius zu begrenzen." Damit der Klimaschutz eine politische Chance bekomme, müsse Europa vor dem nächsten Gipfel Ende 2010 in Mexiko vorpreschen und die Kohlendioxid- Emissionen bis 2020 um 30 bis 40 Prozent verringern. Bis 2050 müsse die CO2-Emission pro Kopf auf zwei bis drei Tonnen pro Jahr sinken. Zum Vergleich: "Westeuropäer emittieren gegenwärtig etwa 10 Tonnen pro Jahr und die Amerikaner 20 Tonnen", sagte Lemke, der am Weltklimabericht mitgewirkt hat.

"Die Welt wurde bitter enttäuscht"

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac nannte das Ergebnis eine "reine Farce". "Kopenhagen war höchstens in Bezug auf das Ausmaß seines Scheiterns ein historischer Gipfel." Naturschutzbund-Präsident Olaf Tschimpke sprach von einem "faulen Kompromiss". Es handele sich nur um eine äußerst schwache Absichtserklärung.  "Die Welt hat auf Kopenhagen geschaut. Die Welt wurde bitter enttäuscht", sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. „Das Kopenhagen-Ergebnis ist eine Ohrfeige für das Weltklima.“

Das katholische Hilfswerk Misereor nannte den Ausgang der Konferenz "ein Armutszeugnis für die Politik, eine Schande für die Industrieländer und eine Katastrophe für die Menschen in den Entwicklungsländern". (sf/dpa)

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