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Reaktionen: "Wie vom Donner getroffen"

Der Rücktritt Horst Köhlers vom Amt des Bundespräsident kam für viele überraschend. Politiker zollten Köhler Respekt für seine Entscheidung. Die Reaktionen im Überblick:

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte Bundespräsident Horst Köhler von seinem Rücktritt abhalten. Köhler habe sie am Montagmittag um 12 Uhr überraschend angerufen. Sie habe noch versucht, ihn umzustimmen. „Das ist leider nicht gelungen“, sagte Merkel in Berlin. Sie bedauere die Entscheidung „aufs Allerhärteste“. Köhler sei in der Wirtschafts- und Finanzkrise ein wichtiger Ratgeber gewesen.

Zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts sagte Merkel, man werde sich jetzt die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung anschauen und über die weiteren Schritte beraten.

Merkel sagte, sie habe Respekt vor Köhlers Entscheidung. Die Menschen in Deutschland werden nach ihren Worten sehr traurig über den Rücktritt sein. Köhler sei ein Präsident der Bürgerinnen und Bürger gewesen. Er habe wichtige Arbeit für Deutschland geleistet und das Ansehen des Landes gestärkt.

Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) wurde erst am Montagmittag von seinen Rücktrittsplänen Köhlers informiert. Der Außenminister sei "wie vom Donner getroffen gewesen", hieß es aus Westerwelles Umgebung. Westerwelle habe versucht, Köhler umzustimmen, jedoch ohne Erfolg. Anschließend beriet der FDP-Chef gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen. Der Bundespräsident sei "außerordentlich getroffen von der Maßlosigkeit der Kritik" an seinen Afghanistan-Äußerungen. Besonders getroffen habe Köhler der Vorwurf, er stünde außerhalb der Verfassung. Westerwelle will sich am Nachmittag in einer persönlichen Stellungnahme zum Rücktritt des Bundespräsidenten äußern.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zeigte sich "sehr überrascht" über den Rückzug von Bundespräsident Horst Köhler. Die Äußerungen des Staatsoberhaupts zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr seien sicher unglücklich gewesen, sagte er am Montag in Berlin. "Ob sie für einen Rücktritt hinreichend waren, hat der Bundespräsident offensichtlich selbst entschieden."

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat Köhlers Rückzug bedauert. Köhler habe das Amt mit "Ernsthaftigkeit und Würde" ausgeführt, erklärte Seehofer am Montag in München. "Er hat sich die Sympathien der Bürger in Deutschland und hohe Anerkennung im Ausland erworben."

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte: "Ich bedauere die persönliche Entscheidung des Bundespräsidenten. Horst Köhler war ein kompetenter, bürgernaher und sehr beliebter Bundespräsident. Deutschland hat ihm viel zu verdanken."

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), der als Bundesratspräsident die verfassungsrechtlichen Aufgaben des Bundespräsidenten übernimmt, zollte Köhler Respekt. Köhler habe ihm erklärt, "dass er vor dem Hintergrund der öffentlichen Interpretation seiner Äußerungen zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan den Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten für unvermeidlich gehalten hat", so Böhrnsen. Als Bürger sei er "traurig" über Köhlers Schritt.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bedauerte den Rücktritt von Köhler. Er habe wie die übergroße Mehrheit der Deutschen Köhlers Amtsführung immer sehr geschätzt, sagte Gabriel. "Horst Köhler war kein bequemer Bundespräsident, und das wollte er erklärtermaßen auch nicht sein." Offensichtlich habe Köhler in den vergangenen Wochen den Eindruck gewonnen, dass er in der schwarz-gelben Koalition zu wenig Rückhalt gehabt habe. "Dieser Schritt ist nur erklärbar, wenn man sieht, wie stark ausgerechnet diejenigen, die Horst Köhler gewählt haben, ihm die Unterstützung entzogen haben", fügte der SPD-Vorsitzende hinzu.

Auch Linksfraktionschef Gregor Gysi bedauerte den Rücktritt des Bundespräsidenten. "Ich glaube, dass er sein Amt souverän ausgeübt hat", sagte Gysi. Er halte den Rücktritt für "etwas übertrieben". Als Bundespräsident müsse man auch Kritik aushalten. Die Entscheidung spreche allerdings auch für Köhlers Charakter. Mit seinem Rücktritt vertiefe Köhler die Krise der schwarz-gelben Bundesregierung, sagte Gysi.

"Die Angriffe und Attacken waren kein Grund zurückzutreten", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). "Ich finde es noch immer unfassbar." Köhler, der in Ludwigsburg zu Schule gegangen war, sei eng mit Baden-Württemberg verbunden und werde von den Menschen geschätzt: "Köhler war ein Bürgerpräsident." Mappus mahnte allerdings: "Es ist nicht von Vorteil, wenn in der größten Wirtschafts- und Finanzkrise plötzlich die größte Volkswirtschaft in Europa ohne Staatsoberhaupt dasteht."

Die Grünen zeigten sich erstaunt über den Rücktritt von Köhler. Zwar müsse die Entscheidung des Staatsoberhauptes respektiert werden, erklärten die Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir. "Wir leben aber in einer lebendigen Demokratie und ein wesentliches Grundelement der Demokratie ist es, dass auch das Staatsoberhaupt nicht sakrosankt gegenüber öffentlicher Kritik ist." Gerade ein Bundespräsident sei gefordert, in die öffentliche Debatte einzugreifen und diese auch zu führen, erklärten die beiden Grünen-Chefs weiter. "Er kann nicht verlangen, dabei nur Subjekt aber nicht Objekt zu sein." (dpa/ddp)

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