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In der TV-Debatte ließ sich Amtsinhaber Komorowski nicht blicken, nur seine zehn Herausforderer.

© Slawomir Kaminski/Reuters

Wahlen in Polen: Rechter Gegenwind für Präsident Bronislaw Komorowski

Der derzeitige Amtsinhaber bekommt vor allem aus dem rechten Spektrum Konkurrenz und verliert weiter an Zustimmung. Gefährlich werden könnte ihm in erster Linie Andrzej Duda, den der nationalkonservative Oppositionsführer Kaczynski ins Rennen geschickt hat.

Ein schlaksiger Mann im grauen Anzug hat den polnischen Adler mit ins Fernsehstudio gebracht. „Die Krone hat ein Kreuz, das haben uns die Freimaurer gestohlen“, erklärt Grzegorz Braun triumphierend und hängt das Wappen vor sein Stehpult. Braun ist einer von zehn Präsidentschaftskandidaten in der letzten großen Debatte im polnischen Staatsfernsehen vor der Wahl am kommenden Sonntag. Das Niveau der Debatte ist erbärmlich. Am Ende fordert der Rechtsaußenkandidat Braun entnervt „Gottes Segen für Polen!“

Die Prognosewerte für Komorowski haben sich fast halbiert

Amtsinhaber Bronislaw Komorowski, der der regierenden Bürgerplattform (PO) nahe steht, ist gar nicht erst im Studio erschienen. Sämtliche Umfragen sehen ihn als Sieger der ersten Wahlrunde – allerdings mit weniger als 50 Prozent der Stimmen. Dies ist schon jetzt eine herbe Niederlage für den onkelhaften Landesvater. Noch vor ein paar Monaten lag er in den Umfragen bei 75 Prozent Zustimmung, derzeit sind es nur noch 39 Prozent. Es sieht so aus, als müsse Komorowski Ende Mai in eine Stichwahl mit unsicherem Ausgang.

Die TV-Diskussion zwischen seinen zehn Herausfordern zeigt schnell, dass der bald 63-jährige Amtsinhaber vor allem rechts überholt wird. Am dichtesten auf den Fersen ist ihm Andrzej Duda, ein junger Jurist und Historiker, der vom rechtskonservativen Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski für seine Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ins Rennen geschickt wurde. Doch eine ganze Reihe weiterer Kandidaten am rechten Rand buhlt um die Wählergunst der Unzufriedenen. Denn nach acht Regierungsjahren der rechtsliberalen PO herrscht an der Weichsel ein erheblicher Reformstau. Dazu sind die Steuern gestiegen, Emigration und Arbeitslosigkeit immer noch sehr hoch, und das staatliche Gesundheitswesen liegt im Argen.

Protstwähler stehen auf den Punkrocker Kukiz

„Ich bin der starke Mann für schwere Zeiten“, bietet sich da der stämmige Marian Kowalski, vom rechtsradikalen „Nationalen Bündnis“ an. Kowalski wettert gegen die EU und will auch den Nato-Austritt. Gegen Bürokratie und „krumme Geschäfte sowohl der PO wie der PiS“ kämpft auch Pawel Kukiz, der bunteste Kandidat der fünften Präsidentenwahlen seit der Wende. Der 51-jährige machte in Polen jahrelang als stramm anti-katholischer Punkrocker von sich reden, bevor er vor fünf Jahren scharf rechts abbog und das Patronat für Neonazi-Märsche übernahm. Mittlerweile gibt sich Kukiz wieder etwas gemäßigter und kommt damit in den Umfragen mit mindestens zehn Prozent gut an. Vor allem jüngere Protestwähler wollen für den Rockmusiker stimmen, der sich bei seinen Wahlkampfauftritten nie in Krawatte und Anzug zeigt und so den Anti-Politiker mimt. Kukiz will Steuern senken und das Wahlgesetz reformieren, um künftig auch kleineren Parteien eine Chance zu geben, sich in den seit zehn Jahren dominierenden Zweikampf zwischen Rechtskonservativ und Rechtsliberal einzumischen.

Beobachter in Warschau rechnen nach den Präsidentenwahlen mit einer Zusammenarbeit von Kukiz mit Janusz Korwin-Mikke, der mit ähnlich radikalen Parolen überraschend bei den Europawahlen am rechten Rand abgesahnt hatte. Dies bietet sich an, denn im Herbst stehen bereits Parlamentswahlen an. Eine gemeinsame Liste könnte Polens Politlandschaft mit deftigen rechtspopulistischen Parolen aufmischen.

Duda hat noch kein richtiges Profil

Gegen Kukiz und Korwin-Mikke hat Andrzej Duda den Protestwählern wenig anzubieten. Der leise Kandidat Kaczynskis bleibt immer freundlich und nett, doch niemand weiß genau, für was er selbst steht. Kommentatoren verspotten Duda als „Kaczynskis Trojanisches Pferd“.  In seinen Wahlkampfauftritten stellt sich Duda ähnlich wie sein Mentor 2010 als Politiker der Mitte und des Ausgleichs dar. Rechtsnational mutet beim PiS-Kandidaten allenfalls die Behauptung an, die Regierung verkaufe Polens Tafelsilber ins Ausland statt polnische Investoren zu suchen. Doch auf die bei den PiS-Wählern beliebte Attentatsthese für den Flugzeugabsturz von Smolensk will Duda sich nicht festlegen. Die Unfallursache sei unbekannt, sagt Kaczynskis Kandidat. Duda kann damit zwei Tage vor der ersten Wahlrunde ein paar Stimmenprozente mehr erobern als die PiS als Partei. Kommt es zur Stichwahl könnte er Komorowski damit gefährlich werden. Chancenlos bleibt übrigens trotz ihrer jungen und weltoffenen Kandidatin Magdalena Ogorek auch diesmal Polens Linke.

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