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Rechter Parteitag: NPD verzichtet auf Palastrevolte

Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in Bamberg friedlich gegen den zeitgleichen Bundesparteitag der NPD protestiert. Die Rechtsextremen haben nach einem monatelangen Führungsstreit ihren Bundesvorsitzenden Udo Voigt im Amt bestätigt.

Der seit 1996 an der Spitze der Rechtsextremen stehende Voigt erhielt am Samstag auf dem Bundesparteitag in Bamberg gut 90 Prozent der Stimmen. 199 Delegierte stimmten für den 56-jährigen Berliner, neun stimmten gegen ihn, dreizehn enthielten sich. Unmittelbar vor der Abstimmung hatten die fünf von der Parteibasis vorgeschlagenen Herausforderer Voigts ihren Verzicht auf eine Kandidatur erklärt. Das am hartnäckigsten als Herausforderer gehandelte NPD-Vorstandsmitglied Andreas Molau begründete seinen Verzicht damit, keine Selbstzerfleischung der Partei zu wollen.

Außerdem beschloss der NPD-Parteitag ohne Gegenstimmen, einen eigenen Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten im Mai kommenden Jahres aufzustellen. Da die Rechtsextremen in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sitzen, sind sie das erste Mal seit den 60er Jahren mit Wahlmännern in der Bundesversammlung vertreten. Zusammen mit der rechtsextremen DVU kommt die NPD auf vier Wahlmänner. Wer für die NPD für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren soll, steht noch nicht fest. Die von vorneherein chancenlos in den ersten Wahlgang gehende NPD ließ außerdem offen, welchen Kandidaten ihre Wahlmänner in den etwaigen weiteren Wahlgängen unterstützen sollen.

NPD-Chef jammert über Finanzen

Voigt warf Bund und Ländern auf dem Parteitag vor, die NPD nach dem gescheiterten Verbotsverfahren im Jahr 2003 nun "finanziell austrocknen" zu wollen. Das Ausbleiben von Zahlungen des Bundestags in Höhe von 870.000 Euro wegen unwahrer Angaben in NPD-Rechenschaftsberichten habe die Partei "schwer getroffen". Voigt sprach von "Angriffen von staatlicher Seite (...) mit verschiedenen Notstandsmaßnahmen" in den vergangenen Jahren. Er kündigte "Nachverhandlungen" mit der DVU darüber an, ob die NPD entgegen der Absprachen bei der Thüringer Landtagswahl 2009 antritt.

Voigt bekam von den knapp 230 Anwesenden nach seinem Rechenschaftsbericht anhaltenden Applaus. Darin war er auf die schwierige finanzielle Situation der Partei eingegangen. Außerdem sitzt NPD-Bundesschatzmeister Erwin Kemna seit Februar in Untersuchungshaft, weil er 627.000 Euro von NPD-Konten abgezweigt haben soll. Voigt bezeichnete sich trotz der Vorwürfe der Justiz als "persönlicher Freund von Erwin Kemna". Außerdem gab der NPD-Vorsitzende das Ziel aus, die Partei bis kommendes Jahr zu entschulden. In der Positionierungsdebatte um gewaltbereite Neonazis gab Voigt eine Erklärung ab. Demnach ächte seine Partei Gewalt. "Wer als Wählerschreck auftreten will, kann dies tun, aber nicht unter der Fahne der NPD."

Über 2000 Gegendemonstranten

Auf dem größten Platz der Stadt versammelten sich nach Angaben der Polizei mehr als 1200 Menschen zu einem "Fest der Demokratie". Am zweiten Kundgebungsort - in nächster Nähe zum NPD-Treffen in der Konzert- und Kongresshalle - demonstrierten 1000 Menschen. Darunter waren 500 Anhänger autonomer Gruppen, die zuvor in einem Demonstrationszug durch die Stadt gezogen waren. Bis zum Nachmittag zählte die Polizei 20 Festnahmen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen habe es nicht gegeben, "es ist alles sehr friedlich", sagte ein Sprecher.

Im Vorfeld des NPD-Bundesparteitages hatte es Befürchtungen vor Ausschreitungen durch linke Autonome gegeben. Wie ein Polizeisprecher sagte, kam es aber lediglich zu zehn vorläufigen Festnahmen. Neun davon richteten sich gegen linke Demonstranten, eine gegen einen Vertreter der rechten Szene. Zu den meisten Festnahmen sei es wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz gekommen. In einem Fall sei eine 17-Jährige wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz in ein Unterbindungsgewahrsam bis zum Ende des NPD-Parteitages genommen worden. Bei einer Buskontrolle bei der Anreise von Berlin nach Bamberg sei bei der Heranwachsenden Pfefferspray gefunden worden.

Bürgermeister erinnert an Gewaltfreiheit

Die bayerische Sozial-Staatssekretärin Melanie Huml (CSU) sagte in Vertretung von Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) auf dem "Fest der Demokratie": "Wir werden nie dulden und nie untätig zusehen, dass unsere Stadt von Extremisten jeglicher Art in die Knie gezwungen wird." Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) erinnerte an das Prinzip der Gewaltfreiheit, das der Dalai Lama am Wochenende zuvor bei einem Bamberg-Besuch vertreten hatte. Innen-Staatssekretär Jürgen W. Heike (CSU) betonte, Bayern werde alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um gegen rechtsextremistische Umtriebe einzuschreiten. Die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler rief dazu auf, keine Toleranz für "Feinde der Freiheit" zu zeigen. Die Stadt hatte vergeblich alle Rechtsmittel ausgeschöpft, um den NPD-Parteitag zu verhindern.

Auch in Kiel protestierten am Samstag mehr als 1000 Menschen gegen Rechtsextremismus. Die Aktion richtete sich gegen einen möglichen Einzug der NPD in das Kieler Rathaus nach der Kommunalwahl an diesem Sonntag. (mhz/dpa/AFP)

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