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Rechtsextremismus: Karlsruhe erleichtert Verurteilung von Naziparolen

Schon eine kurze Passage aus einer Naziparole kann für eine Strafverfolgung ausreichend sein, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Auslöser für das Urteil war der Aufdruck auf einem T-Shirt. Dort stand teilweise in altdeutscher Schrift: "Sohn Frankens, die Jugend stolz, die Fahnen hoch". Der Text ähnelt laut Gericht dem Titel des Horst-Wessel-Lieds ("Die Fahne hoch"), das bis 1945 die Parteihymne der NSDAP war. Damit bestätigte das Karlsruher Gericht eine Geldstrafe von 1750 Euro, die das Amtsgericht im bayerischen Forchheim gegen einen NPD-Funktionär verhängt hatte.

Die Verwendung des Liedtitels ist den Richtern zufolge deshalb strafbar, weil er mit dem restlichen Inhalt der Parteihymne und dem dahinter stehenden Gedankengut in Verbindung gebracht wird. Dass es im Horst-Wessel-Lied "Fahne", auf dem T-Shirt dagegen "Fahnen" heißt, mache keinen Unterschied. Auch dass "Die Fahne hoch" für sich gesehen nicht zwingend zum NS-Sprachgebrauch gehören muss, ändert nichts an der Strafbarkeit, wenn die Parole in einem rechtsextremistischen Kontext verwendet wird.

Bereits eine markante Passage aus einem Nazilied kann als strafbares Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisationen eingestuft werden, heißt es in dem veröffentlichten Beschluss. Eine Kammer des Zweiten Senats verweist in dem Zusammenhang auf Paragraf 86a Strafgesetzbuch. Demnach soll bereits jeder Anschein vermieden werden, in Deutschland würden verfassungsfeindliche Bestrebungen geduldet und stellt die Verwendung nationalsozialistischer Symbole und Parolen unter Strafe stellt, "Die Norm verbannt somit die entsprechenden Kennzeichen grundsätzlich aus dem Bild des politischen Lebens und errichtet so ein kommunikatives Tabu", heißt es in der Entscheidung.

Vor vier Jahren war der Bundesgerichtshof (BGH) zu einem anderen Schluss gekommen. Der BGH stufte die Neonazi-Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" als nicht strafbar ein, weil sie mit den Originallosungen aus der Nazizeit – wie "Blut und Ehre" oder "Unsere Ehre heißt Treue" – nicht verwechselt werden könne. Mit Blick auf das damalige BGH-Urteil betonten die Verfassungsrichter jedoch, die Verwendung "lediglich einzelner Merkmale" von Naziparolen sei noch nicht strafbar.

ZEIT ONLINE, dpa, sp

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