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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht einige ostdeutsche Landstriche von Neonazis unterwandert. An den Äußerungen gibt es Kritik.

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Rechtsextremismus: Opposition wirft Union Untätigkeit gegen Nazis vor

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht einige Landstriche Ostdeutschlands durch Neonazis unterwandert. SPD und Grüne fordern: Der Minister muss handeln statt jammern.

Kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit seinen Äußerungen zur rechten Unterwanderung Ostdeutschlands eine Debatte über den Rechtsextremismus ausgelöst. Friedrich hatte im Tagesspiegel gesagt: „Mich treibt schon um, dass in einigen Landstrichen Ostdeutschlands Neonazis auftrumpfen und zivilgesellschaftliches Leben bewusst für ihre Zwecke unterwandern. Das dürfen wir nicht zulassen.“ Er verwies auch darauf, dass Ausländerfeindlichkeit ein Hindernis auf dem Weg zur ökonomischen Weiterentwicklung ist.

SPD und Grüne warfen Friedrich und der Union insgesamt Untätigkeit vor. „Friedrich sollte nicht so viel darüber jammern und klagen, sondern etwas unternehmen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, dem Tagesspiegel. Dass Rechtsextreme zivilgesellschaftliche Institutionen unterwanderten sei kein speziell ostdeutsches Phänomen. „Rechtsextremismus insgesamt ist kein geografisches Problem, sondern es ist in den Köpfen einiger Menschen verankert“, sagte Oppermann.

Er plädierte für eine Doppelstrategie. Gesellschaftspolitisch müssten junge Menschen, egal, wo sie wohnen, immunisiert werden gegen rechtes Gedankengut. „Und man benötigt eine repressive Strategie, bei der Rechtsextremen klare Grenzen aufgezeigt werden, auch mit Hilfe von Polizeimaßnahmen und der Überwachung durch den Verfassungsschutz.“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, kritisierte Friedrich ebenfalls. „Gemeinsam mit vielen Initiativen haben wir Grüne seit Jahren darauf hingewiesen, dass die Neonazis keine harmlose Randerscheinung sind, auch und gerade im Osten Deutschlands nicht. CDU und CSU haben davor viel zu lange die Augen verschlossen“, sagte Künast. „Wenn Innenminister Friedrich jetzt endlich die Augen für die rechte Gefahr geöffnet hat, sollte er dafür sorgen, dass die unsägliche Extremismusklausel ein für alle Mal abgeschafft wird. Die vielen Initiativen für Demokratie und gegen rechte Ideologien haben Unterstützung verdient und kein Misstrauen.“

Zustimmung erhielt Friedrich dagegen von der FDP. Der Vorsitzende der Liberalen in Mecklenburg-Vorpommern, Christian Ahrendt, forderte eine genaue Untersuchung. „Ich teile die Sorge einer Unterwanderung Ostdeutschlands durch Neonazis ausdrücklich. Wie tief diese Unterwanderung ist, lässt sich derzeit noch nicht richtig abschätzen, aber es sollte dringend gründlich analysiert werden“, sagte er. Gerade in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern sei die Situation schwierig: Es gebe zwar viele Projekte auf Landesebene gegen Rechts, gleichzeitig würden aber auf kommunaler Ebene Jugendeinrichtungen geschlossen. Ahrendt warnte davor, wegen der Debatte um ein NPD-Verbot die eigentliche Problematik aus den Augen zu verlieren. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr auf ein NPD-Verbot fokussieren und dann glauben, alle Probleme seien gelöst. Die Gesinnung bei diesen Menschen bleibt“, sagte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

Friedrich hatte sich gegen ein neues NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen. Oppermann hält diese Vorfestlegung für „unverantwortlich“ und kritisierte: „Noch ist die Sichtung des Beweismaterials nicht abgeschlossen und da sind defätistische Kommentare im Vorfeld nicht angebracht.“ Friedrich strahle permanente Unsicherheit aus "und statt offen an die Sache heran zu gehen, zaudert er, wiegelt ab und scheut das Risiko", sagte Oppermann weiter. Er sehe die Chancen für ein NPD-Verbotsverfahren auch ohne die Verwendung von V-Mann-Informationen steigen. "Gerade die Razzien bei rechten Kameradschaften zuletzt in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen haben Verbindungen und informelles Zusammenwirken der Kameradschaften mit der NPD aufgezeigt."

Auch Renate Künast warnt vor einer frühen Festlegung. "Die Innenminister haben in den vergangenen Monaten Material für ein mögliches NPD-Verbotsverfahren gesammelt. Erst wenn das ausgewertet ist, kann die Frage entschieden werden."

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