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Rechtsextremismus: Pannen ohne Ende in Sachsen-Anhalt

Die Grünen in Sachsen-Anhalt haben den Umgang der Polizei mit Rechtsextremismus untersucht - und sehen schwere Defizite. Nicht ganz so klar ist, wie der Innenminister das Problem angehen will.

Von Frank Jansen

Magdeburg/Berlin - Die Serie der Pannen und Affären, die sich die Polizei in Sachsen-Anhalt beim Thema Rechtsextremismus leistet, ist im November um zwei weitere Vorfälle verlängert geworden: Im Landgericht Halle gab ein Staatsschützer im Prozess zum Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Sangerhausen zu, eine angeklagte Frau kurz nach der Tat umfassend vernommen, aber nicht über ihre Rechte belehrt zu haben. Die Aussage ist damit unbrauchbar. In Weißenfels mussten sich sieben Mädchen und Frauen auf der Wache nackt ausziehen, nachdem sie an einer unangemeldeten Demonstration gegen Rechtsextremismus teilgenommen hatten. Zwei Anlässe mehr für die Grünen in Sachsen-Anhalt, mit Hilfe von Experten wie der ehemaligen Polizeipräsidentin von Eberswalde (Brandenburg), Uta Leichsenring, das Verhalten der Polizei in einer Studie zu analysieren. Die am Mittwoch in Magdeburg vorgestellten Ergebnisse sind hart.

Die Polizei des Landes befinde sich in einer „verdichteten Krisensituation“, heißt es in dem Papier der im Juli von den Grünen gebildeten „Arbeitsgruppe Polizeilicher Umgang mit Rechtsextremismus“. Vor allem bei Beamten der mittleren Leitungsebene gebe es die Tendenz, „strukturelle Ursachen zu negieren und sämtliche Vorwürfe als Teil einer ungerechtfertigten Medienkampagne gegen die Polizei zu interpretieren“. Regelmäßig komme es zu „unzureichenden Lageeinschätzungen“, Hinweise auf rechtsextreme Bedrohungslagen würden nicht ernst genommen.

Als Beleg führen die Grünen sieben Einzelfälle an, die untersucht wurden – von der Unkenntnis eines ermittelnden Beamten über die Bedeutung des Tagebuchs der Anne Frank, das Neonazis in Pretzien verbrannt hatten, bis zum Angriff von Rassisten auf die Wohnung einer vietnamesischen Familie in Burg, die vergeblich die Polizei zu Hilfe rief.

Landesinnenminister Holger Hövelmann (SPD) scheint das Problem angehen zu wollen – jedenfalls stellte er sich den Fragen der Arbeitsgruppe. „Wir waren sehr angetan“, sagt Grünen-Sprecherin Claudia Klupsch. Hövelmanns Kooperation steht in Kontrast zum Verhalten der CDU, die der Arbeitsgruppe „Schnüffeltätigkeit“ gegen die Polizei unterstellte.

In einem Punkt waren sich der Minister und die Grünen jedoch uneinig. Hövelmann lehnt den Einsatz externer Fachleute, beispielsweise als „Polizeiombudsmann“ oder -frau, zur Prüfung interner Vorgänge der Polizei bei Fehlverhalten ab. Offen bleibt, in welchem Maße die weiteren Vorschläge der Arbeitsgruppe umgesetzt werden. Der Einfluss der Grünen, die nicht im Landtag sitzen, ist begrenzt. Die Arbeitsgruppe fordert unter anderem, Aus- und Fortbildung der Polizei zu evaluieren, Experten von außerhalb in die Ausbildung beim Thema Rechtsextremismus einzubinden und den Aufbau einer Spezialtruppe nach dem Vorbild der „Mobilen Einsatzeinheit gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit (MEGA)“ in Brandenburg. Die Polizei solle zudem intensiv mit Kommunalpolitik und zivilgesellschaftlichen Initiativen kommunizieren.

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