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Politik: Rechtsextremismus: Zahl militanter Neonazis und Skinheads steigt

Die Szene der gewaltbereiten Rechtsextremisten wird immer größer. Wie bereits in den vergangenen Jahren sei auch 2001 ein Anstieg zu erwarten, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Von Frank Jansen

Die Szene der gewaltbereiten Rechtsextremisten wird immer größer. Wie bereits in den vergangenen Jahren sei auch 2001 ein Anstieg zu erwarten, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. 2000 hatte das Amt 9700 militante Neonazis und Skinheads gezählt, dieses Jahr werden es mehr als 10 000 sein. Außerdem tritt die NPD wieder offensiv in Erscheinung, nachdem sie 2000 auf die Debatte um ein Verbot mit einem Verzicht auf Demonstrationen reagiert hatte. Laut Fromm hat die NPD im ersten Halbjahr 2001 bereits rund 40 Aufmärsche und Kundgebungen veranstaltet.

Erst am Sonnabend sind in Rostock und Gotha insgesamt 300 NPD-Anhänger aufmarschiert. Die Polizei, die in beiden Städten mit einem Großaufgebot von jeweils 1000 Beamten angetreten war, konnte Zusammenstöße mit Gegendemonstranten verhindern. Drei Personen wurden festgenommen, weil sie Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen getragen hatten.

Die Affären um enttarnte V-Leute des Verfassungsschutzes, die für NPD und Neonazi-Szene Aufmärsche veranstaltet hatten, sind nach Ansicht von Fromm keine Gefahr für die beim Bundesverfassungsgericht vorliegenden Anträge auf ein Verbot der Partei. "Ich sehe gute Aussichten für die Anträge, da das Beweismaterial sehr dicht ist", sagte der Präsident des Bundesamtes.

Als eine der "Hauptsorgen" des Verfassungsschutzes nennt Fromm die rechtsextreme Skinhead-Musik. Trotz des im vergangenen Jahr erfolgten Verbots des deutschen Ablegers der Skinhead-Vereinigung "Blood & Honour" werde die Nachfrage von Jugendlichen nach rechtsextremen CDs weiterhin gedeckt. Dennoch hat das Verbot gewirkt: Laut Fromm ist die Zahl der Konzerte rechter Skinhead-Bands von Januar bis April um 40 Prozent zurückgegangen, im Vergleich zu den ersten vier Monaten 2000.

Eine deutliche Abnahme der rechten Straftaten ist nach Meinung von Fromm nicht zu erwarten. Im vergangenen Jahr waren knapp 16 000 rechte Delikte registriert worden, so viel wie nie zuvor seit der Wiedervereinigung. Die terroristische Gefahr hält Fromm für eher gering. Es gebe keine rechtsextremen Untergrundorganisationen. Beobachtet werden aber "Anzeichen für terroristische Ansätze". Das betrifft vor allem "potenzielle Einzeltäter und Kleingruppen".

Eine verstärkte internationale Zusammenarbeit von Rechtsextremisten beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz im Internet. Die Zahl der Homepages deutscher Rechtsextremisten sei auf 1000 gestiegen, sagte Fromm. Die meisten seien von Providern im Ausland ins Netz gestellt worden.

Bei den Republikanern sei eine Spaltung nicht auszuschließen, sagte Fromm. Die Partei war im März bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

Über die im Frühjahr geschaltete Aussteiger-Hotline des Bundesamtes für Verfassungsschutz haben sich 600 Personen gemeldet. "120 kann man als potenzielle Aussteiger bezeichnen", sagte Fromm. Das Bundesamt habe auch schon Umzüge mitfinanziert. Fromm betonte jedoch erneut: "Es gibt keine Prämie für einen Ausstieg".

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