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Rechtsstreit: Der Soli – begrenzt oder befristet

Schon 1972 entschied Karlsruhe über eine Ergänzungsabgabe – mit überraschenden Erkenntnissen.

Vergleicht man den Rechtsstreit um den Solidaritätszuschlag mit einem Fußballspiel, dann steht es jetzt eins zu eins: Das Finanzgericht Niedersachsen hält den Soli nach seiner Entscheidung vom Mittwoch für verfassungswidrig. Der Bundesfinanzhof in München kam dagegen 2006 zum gegenteiligen Ergebnis. Mit Spannung wird jetzt das letztinstanzliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet, das freilich noch geraume Zeit auf sich warten lassen dürfte.

Mit der Richtervorlage aus Niedersachsen wurde der Ball jetzt zur letztgültigen Prüfung nach Karlsruhe gespielt. Doch bis der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Vizepräsident Andreas Voßkuhle den Streitfall endgültig entscheidet, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Am Donnerstag war die Vorlage des Finanzgerichts Niedersachsen noch nicht einmal in Karlsruhe eingegangen. Dort wird sie ohnehin erst einmal auf ihre Zulässigkeit geprüft werden. Erst wenn diese Hürde genommen ist, geht es in die Sachprüfung. Erfahrungsgemäß dauert das aber ein bis zwei Jahre. Möglicherweise werden sich die Karlsruher Richter auch in einer mündlichen Verhandlung mit dem Solidaritätszuschlag befassen. Ein Urteil dürfte dann kaum vor 2011 fallen.

Obwohl der Soli in seiner jetzigen Form seit 1995 ununterbrochen erhoben wird, gab es vom Bundesverfassungsgericht bisher noch keine inhaltliche Entscheidung zu der Ergänzungsabgabe. 2008 wurde eine Verfassungsbeschwerde ohne einen Satz der Begründung für unzulässig erklärt. Inhaltliche Schlussfolgerungen kann man daraus nicht ziehen. Zwar wurde 1999 schon einmal eine Verfassungsbeschwerde gegen den Solidaritätszuschlag nicht angenommen – seinerzeit unter dem früheren Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof. Die damalige Beschwerde richtete sich aber gegen den alten, 1991 erhobenen Solidaritätszuschlag. Die noch unter der Regierung Helmut Kohl erhobene Steuer war jedoch zeitlich begrenzt, folglich wurden im damaligen Verfahren ganz andere Rechtsfragen aufgeworfen als jetzt. Damals wurde beanstandet, dass der Bundesrat dem Solidaritätszuschlag von 1991 nicht zugestimmt hatte. Da diese Zustimmung beim jetzigen Soli von 1995 vorliegt, ist auch aus dem früheren Nichtannahmebeschluss Kirchhofs kaum Honig zu saugen.

Die einzige umfassende Karlsruher Entscheidung zum Thema Ergänzungsabgabe ist 37 Jahre alt. Es ist jener Beschluss von 1972, den auch der Bundesfinanzhof München zitiert. Damals hatte die noch in Bonn residierende Bundesregierung einen Aufschlag von drei Prozent auf die Einkommensteuer erhoben. Die mussten allerdings nur Besserverdienende jenseits einer bestimmten Einkommensteuergrenze zahlen. Auch damals hielt ein Finanzgericht die Abgabe für verfassungswidrig, weil eine Befristung fehlte und legte den Fall Karlsruhe vor. Das Bundesverfassungsgericht entschied unter Vorsitz des erst kürzlich verstorbenen Präsidenten Ernst Benda, dass eine Befristung nicht geboten sei. Vielmehr müsse eine Ergänzungsabgabe in der Höhe begrenzt werden. Die damals erhobenen drei Prozent bezeichnete der Senat unter der Leitung Bendas aber als unkritisch.

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