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Politik: Redefreiheit für Merkel in China

Kanzlerin setzt sich bei ihrer Asienreise für freie Presse ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich am Dienstag für mehr Pressefreiheit in China eingesetzt. Am dritten Tag ihrer Asienreise traf Merkel mit vier Journalisten und Internetautoren zu einem inoffiziellen Gespräch in Peking zusammen. Dabei habe sich Merkel über die staatliche Zensur und Kontrolle der Medien in China informiert, sagte einer der Teilnehmer, der bekannte Journalist Li Datong, dem Tagesspiegel.

„Chinas Zensur ist ein politisches Problem“, sagte Li. Auch wenn einzelne Führer in der Kommunistischen Partei eine Lockerung der Zensur möglicherweise befürworten würden, lasse dies das System nicht zu. „Unter dem derzeitigen politischen System kann es keine Meinungsfreiheit gegen“, betonte er. Li Datong, einst Chefredakteur einer Beilage in der „China Jugendzeitung“, hatte vor zwei Jahren wegen seiner kritischen Berichterstattung über Gesellschaftsprobleme seinen Job verloren und darf seitdem in China nicht mehr publizieren.

Das Treffen mit der Bundeskanzlerin sei hilfreich, um international Aufmerksamkeit auf die Zensur in China zu lenken, sagte Li. „Am Ende aber müssen die chinesischen Journalisten selbst für ihre Pressefreiheit kämpfen.“ Zusammen mit anderen Journalisten versucht Li auf dem bevorstehenden Parteitag im Herbst ein Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Journalisten auf den Weg zu bringen.

Merkel griff das Thema Pressefreiheit in ihrem anschließenden Gespräch mit Parlamentschef Wu Bangguo auf und setzte sich für ein Mediengesetz und eine bessere rechtliche Absicherung der Presse sein. In einer Rede in der Akademie der Sozialwissenschaften betonte sie, dass ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Peking die Pressefreiheit ebenso wichtig sei wie eine Verbesserung bei den Menschenrechten. „Es wird natürlich auch geschaut werden, wie präsentiert sich China, gerade im Hinsicht auf Meinungs- und Pressefreiheit.“ Entgegen Pekings Argumentation, dass die Individualrechte in Asien keine wichtige Rolle spielten, sagte Merkel, dass die Würde jedes einzelnen Menschen unteilbar sei. Niemand habe das Recht, „sich über einen anderen zu stellen“.

Mit deutlichen Worten kritisierte die Bundeskanzlerin auch den Diebstahl geistigen Eigentums durch chinesische Firmen. Produktpiraterie sei für Deutschland ein „relativ großes Problem“. Mit Hinweis auf Kopien von deutschen Automodellen bei der Internationalen Automobilausstellung IAA sagte sie: „Wenn dann plötzlich ein Auto dasteht, das aussieht wie ein Smart, aber keiner ist, sondern doch eine Kopie, die nicht ganz legal erarbeitet wurde, dann ist das nicht gut.“

Auf der zweiten Station ihrer Chinareise besuchte Merkel am Nachmittag das deutsch-chinesische Rechtsinstitut in Nanjing und diskutierte dort mit Studenten. Das 1984 gegründete Institut, an dem pro Jahrgang 13 Studenten neben dem chinesischen auch das deutsche Zivilrecht lernen, sei eine wichtige Brücke im Rechtsstaatsdialog beider Länder. An diesem Mittwoch wird Merkel einen Technologiepark bei Nanjing besuchen und anschließend zu politischen Gesprächen nach Tokio weiterfliegen. Der einwöchige Besuch in Asien ist die längste Auslandsreise der Kanzlerin seit Amtsantritt.

Harald Maass[Peking]

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