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Politik: Reform von vorn

Wiener Verfassungsrichter kassieren Pläne für Sozialversicherung

Als ÖVP und FPÖ im Februar 2000 zum ersten Mal eine Regierung bildeten, da schworen sie sich und dem Land, die jahrzehntelange Vorherrschaft der Sozialdemokraten, der „roten Bonzen", zu beenden. Die Säuberung in Ministerien, Behörden, Verbänden, bei der Bahn und der Staatsholding ÖIAG nannte sich „Entpolitisierung"; tatsächlich aber zwang die Koalition häufig nur Rot raus und Schwarz-Blau rein.

So geschah es auch bei der von Regierung, Arbeitgebern und Arbeitnehmern verwalteten Sozialversicherung. Chef Hans Sallmutter, je nach Standpunkt als sozialistisch-gewerkschaftliches „Urgestein" oder als „Beton" betrachtet, musste auf Drängen der FPÖ entfernt werden. Man veranstaltete dafür einen ungeheuren Wirbel, versprach eine „umfassende Reform" – und sicherte sich eine politisch genehme Mehrheit. Viel mehr passierte nicht, außer dass die zur Reform des Gesundheitswesens angeblich unumgängliche Selbstbeteiligung von Patienten bei Ambulanz-Besuchen wegen Erfolglosigkeit und Verwaltungschaos kleinlaut zurückgezogen wurde.

Jetzt hat der Verfassungsgerichtshof auch noch die komplette Sozialversicherungs-Reform annulliert. Die Opposition frohlockt. Die Wahlergebnisse in den Bundesländern Tirol und Oberösterreich sowie der massive Zulauf bei Rot und Grün geben ihr zusätzlich Mut.

Jörg Haider, frustriert von zweistelligen Einbrüchen bei den vergangenen Wahlen, rollt derweil die FPÖ auf. „Herbert, so geht das nicht!", richtet er über das Fernsehen seinem Parteichef und Vizekanzler aus. Der heißt Herbert Haupt, und wenn Haider nachschiebt, die FPÖ müsse „an Haupt und Gliedern" reformiert werden, dann sollte der Parteichef wissen, was er zu tun hat. Aber Haupt wehrt sich seit Monaten hartnäckig gegen seine Ablösung. Nun stellt Haider ein Ultimatum. In drei Wochen will er Personalveränderungen sehen: „Wenn man in einer bestimmten Aufstellung keine Tore schießt, muss man überlegen, wie man die Mannschaft neu aufstellt." Den Vizekanzler will Haider an die Fraktionsspitze versetzen, doch Haupt knurrt dazu nur, auch wieder übers Fernsehen: Zum Glück sei er kein Journalist und brauche Haiders Äußerungen nicht zu kommentieren.

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