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Politik: Regierung und Opposition wollen einen Rentenkompromiss finden, der der Sache dient - nicht den Parteien

Was am heutigen Freitag beginnt, ist lange Zeit angesichts heftiger gegenseitiger Anschuldigungen undenkbar gewesen: Regierung und Opposition kommen zum Rentengipfel im Kanzleramt zusammen. Und da alle Beteiligten offiziell ja nicht streiten wollen, begrüßen sie unisono diese Annäherung, erwarten aber vom ersten Treffen noch keine konkreten Beschlüsse.

Was am heutigen Freitag beginnt, ist lange Zeit angesichts heftiger gegenseitiger Anschuldigungen undenkbar gewesen: Regierung und Opposition kommen zum Rentengipfel im Kanzleramt zusammen. Und da alle Beteiligten offiziell ja nicht streiten wollen, begrüßen sie unisono diese Annäherung, erwarten aber vom ersten Treffen noch keine konkreten Beschlüsse. "Jetzt müssten zuerst einmal die Themenfelder abgesteckt werden und das weitere Vorgehen abgesprochen werden", heißt es im Bundesarbeitsministerium. Wie der CDU-Vorsitzende Schäuble sagte, gehe es darum abzuklären, "ob überhaupt Vorraussetzungen gegeben sind, gemeinsam die Altersversorgung langfristig zu sichern und die Belastung für Wirtschaft und junge Beitragszahler tragbar zu halten", sagte er in dieser Woche. Teilnehmen werden an den Gesprächen neben Bundeskanzler Schröder und Arbeitsminister Riester auch der CDU-Vorsitzende Schäuble und der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Stoiber.

Die Unionsspitze geht ohne Vorbedingungen in den Gipfel. "Wir sind offen", sagt Schäuble. Als Problem wertete Schäuble allerdings die Tatsache, dass im Bündnis für Arbeit immer noch über eine "Rente mit 60" gesprochen wird. Das gehe genau in die falsche Richtung. Stattdessen müsse darüber gesprochen werden, das Renteneintrittsalter anzuheben. Auch der Rentenexperte der CDU-Fraktion, Andreas Storm, hält die Rente mit 60 für kontraproduktiv. "Wenn sie beschlossen wird, wird der finanzielle Spielraum für Arbeitnehmer immer geringer, sich selbst um die private Altersvorsorge zu kümmern." Das genau wollen aber Regierung und Opposition.

In beiden Lagern ist man sich einig, dass die Altersvorsorge langfristig nur gesichert werden kann, wenn man sowohl die betriebliche als auch die private Altersvorsorge weiter ausbaut. Dabei soll die umlagefinanzierte Rente durch eine kapitalgedeckte "Sparrente", bei der jeder für sich Kapital anspart, ergänzt werden. Wie die private Vorsorge im Einzelnen aussehen soll, ob sie durch steuerliche Anreize unterstützt werden kann oder womöglich doch gesetzlich vorgeschrieben wird, ist noch völlig offen. Diskutiert werden muss auch die Frage, nach welchen Kriterien die Renten nach 2001 angepasst werden sollen. Klar ist bisher nur, dass die Renten in den nächsten beiden Jahren in Höhe der Inflation steigen werden. Dann aber sollen, so der Arbeitsminister, die Renten wieder wie die Nettolöhne steigen. Allerdings nicht, wie bei der Vorgängerregierung, um den Demographiefaktor geschmälert. CDU und die FDP wollen daran aber festhalten, wie die FDP-Rentenexpertin Irmgard Schwaetzer sagte. Auch die Grünen sind dem Gedanken eines "Generationenfaktors" nicht abgeneigt. Wie immer das Kind auch heißen mag, für die CDU ist klar, dass die Belastungen der Rentenkassen durch eine immer älter werdende Bevölkerung zwischen den Altersgruppen aufgeteilt werden müssen. "Die Rentner sollen auch einen Teil dazu beitragen", so Storm. Durch den Demographiefaktor sollen die Kosten der steigenden Lebenserwartung über einen Abschlag bei den jährlichen Rentenanpassungen auf die Rentner abgewälzt wurden. Unterschiedlicher Meinung sind Regierung und Opposition auch bei der Frage der Grundsicherung. Hier will Riester schrittweise die steuerfinanzierte bedarfsabhängige Grundsicherung einführen, um so Altersarmut zu verhindern. CDU, CSU und auch FDP sprechen von einem Systembruch. Sie wollen an der leistungsbezogenen Rente festhalten.

Mögliches Thema könnte bei den Rentengesprächen auch die Reform der Hinterbliebenenrente sowie die Reform der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente sein. Dabei geht es bei der Witwenrente darum, die Alterssicherung der Frauen den veränderten Erwerbsbiografien der Frauen anzupassen. Denn Frauen sind heute nicht mehr wie früher überwiegend für die Familie zuständig, sondern sind selbst oft viele Jahre berufstätig. Ziel der Regierung ist es hier, dass beide Ehepartner an den in der Ehe erworbenen Rentenansprüchen teilhaben können.

Die Vielfalt der Themen macht deutlich, dass nicht mit schnellen Ergebnissen gerechnet werden kann. Das sieht auch Wolfgang Schäuble so. Man müsse eine "gründliche Debatte" führen, damit am Ende ein Ergebnis herauskomme, das auch ein paar Jahrzehnte halte, sagt er im Vorfeld des Rentengipfels. Für wünschenswert hielte Schäuble es, wenn bis Ende 2000 ein tragfähiges Konzept zu Stande käme, damit es im Jahr 2001 Gesetz werden kann. In jedem Fall soll verhindert werden, dass das Thema in den nächsten Wahlkampf getragen wird.

Karin Birk

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