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Regierungskrise: Die Vertrauten des polnischen Premiers

Polens Premier Jaroslaw Kaczinsky entlässt seinen Innenminister Janusz Kaczmarek - er galt als treuer Mitarbeiter. Aber auch der neue Ressortchef ist ein alter Freund.

Viele tippten zuerst auf eine Falschmeldung: Premier Jaroslaw Kaczynski hat Innenminister Janusz Kaczmarek entlassen. Der Mann galt als einer der treusten Mitarbeiter des polnischen Regierungschefs, einer der auch umstrittene Beschlüsse seines Vorgesetzten ohne Widerspruch umsetzte. Zur Begründung sagte Kaczynski, Kaczmarek habe sein Vertrauen schwer missbraucht. Er gehöre zum Kreis der verdächtigen Personen, die Ex-Landwirtschaftsminister Lepper vor den gegen ihn laufenden geheimen Ermittlungen der Antikorruptionsbehörde gewarnt haben sollen. Wohl nur aus diesem Grund sei Lepper seiner Verhaftung entgangen. Im Gespräch mit dem Premier habe Kaczmarek falsche Angaben gemacht, die Vertrauensbasis sei zerstört. Der neue Innenminister wurde auch sofort präsentiert: Wladyslaw Stasiak.

Der Mann ist kein Unbekannter, leitete er bisher doch das Büro für Nationale Sicherheit, das dem Präsidenten Lech Kaczynski untersteht. Der lernte Stasiak in den 90er Jahren kennen und schätzen, als sie beide beim obersten Rechnungsprüfungshof arbeiteten. So ist es den Kaczynski-Zwillingen in diesen Tagen des Regierungschaos gelungen, eine weitere Schlüsselstelle im Staat wieder mit einem Vertrauensmann zu besetzen.

Nach seiner Entlassung wies Kaczmarek in einer kurzen Erklärung alle Vorwürfe des Premiers zurück und ging zum Gegenangriff über. Seiner Meinung nach gab es bei der im Landwirtschaftsministerium durchgeführten Aktion „zahlreiche Unklarheiten“. Seine Aussagen stützen den Verdacht, dass es sich bei den Ermittlungen gegen Andrzej Lepper wegen angeblicher Schmiergeldzahlungen um ein abgekartetes Spiel gehandelt hat, mit dem man den unliebsam gewordenen Politiker in eine Falle laufen lassen wollte. Dem ehemaligen Landwirtschaftsminister konnte nichts nachgewiesen werden, er wurde aber dennoch entlassen.

Kaczmarek schloss sich den beiden Koalitionspartnern der rechtskonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Premier Kaczynski, der radikalen Bauernpartei Samoobrona und der national-katholischen Liga Polnischer Familien (LPR), an, die die Berufung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses verlangen, der die Hintergründe der Affäre ermitteln soll.

Ob es wirklich dazu kommt, ist fraglich, denn angesichts des politischen Chaos scheinen vorgezogene Wahlen unausweichlich. Auch Premier Kaczynski äußert immer wieder, dass er sich für Neuwahlen einsetze. Am Donnerstag erklärte er erneut, dass es keinen Sinn habe, noch lange mit diesen Koalitionspartnern zusammenzuarbeiten, „das kompromittiert die polnische Demokratie und den Parlamentarismus“. Dennoch weigert er sich standhaft, einen Termin für Neuwahlen zu nennen. Beobachter vermuten, dass der Premier auf Zeit spielt und im Hintergrund fieberhaft daran arbeitet, eine neue Regierungsmehrheit im Parlament zu bekommen. Dazu versucht er offensichtlich, die verunsicherten Abgeordneten der Lepper-Partei Samoobrona auf seine Seite zu ziehen.

Grund für diese Taktik sind wohl die schnell sinkenden Umfragewerten seiner Partei PiS, die nur noch von 23 Prozent der Polen gewählt würde. Die größte Oppositionspartei „Bürgerplattform“ käme demnach auf 33 Prozent und könnte sich die Koalitionspartner aussuchen. Jaroslaw Kaczynski wäre seinen Job auf jeden Fall los.

Knut Krohn[Warschau]

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