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Politik: Reichtum steuern

Der Armutsbericht ruft die SPD-Linke auf den Plan – sie fordert die gerechtere Verteilung der Einkommen

Berlin - Die SPD-Linke fordert angesichts des neuen Armutsberichts der Bundesregierung eine stärkere parteiinterne Debatte über „Umverteilungspolitik“. SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen wertete die Ergebnisse des Berichts, der noch in dieser Legislaturperiode veröffentlicht werden soll, als „sozialpolitischen Skandal“. Die Zahlen zeigten, dass die Koalition ihr Ziel verfehlt habe, die Einkommensverteilung gerechter zu gestalten: „Da waren wir mit unserer Steuerpolitik nicht erfolgreich“, sagte der frühere Juso-Vorsitzende dem Tagesspiegel. SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer bezeichnete den Bericht als „alarmierend“. Für die SPD ergebe sich daraus die Notwendigkeit, ihre Steuersenkungspolitik zu überdenken. „Armut und Steuer-Ungerechtigkeit sind zwei Seiten derselben Medaille“, sagte Scheer.

Auch wenn der zweite Armutsbericht noch nicht fertig gestellt und veröffentlicht ist, steht ein zentrales Ergebnis schon fest: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in Deutschland in den letzten Jahren größer geworden. Der Anteil der nach EU-Definition von Armut betroffenen Haushalte nahm zwischen 1998 und 2003 zu – von 12,1 auf 13,5 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil der Reichsten am Gesamtvermögen.

Juso-Chef Björn Böhning sagte dem Tagesspiegel, aus dem Bericht ergebe sich für die Bundesregierung „dringender Handlungsbedarf“. Unternehmen und höhere Einkommen müssten „wieder stärker belastet werden, damit sich die Schere zwischen Arm und Reich wenigstens ein bisschen schließt“. Für die SPD gehe es dabei auch um Glaubwürdigkeit. Bundeskanzler Gerhard Schröder sei 1998 mit dem Versprechen angetreten, für eine gerechtere Einkommensverteilung zu sorgen. „Das Gegenteil ist aber eingetreten“, stellte Böhning fest.

Für Annen ist eine Debatte über Umverteilungspolitik nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch ökonomisch notwendig. „Wenn der größere Teil der Gesellschaft immer weniger Einkommen hat, führt das zu einem massiven Nachfrageproblem.“ Annen äußerte in diesem Zusammenhang Sympathie für den Vorschlag des schleswig-holsteinischen Finanzministers Ralf Stegner (SPD), der auf Einkommen von Höchstverdienern einen Solidarbeitrag in Höhe von fünf Prozent erheben will. „Wir sind dafür, dass starke Schultern mehr tragen als schwache“, sagte Stegner der „Berliner Zeitung“.

Das Sozialministerium verweist darauf, dass in Deutschland das Armutsrisiko unter dem EU-Schnitt liegt. Die aktuellsten Daten der Statistikbehörde Eurostat von 2001 sehen Deutschland im unteren Bereich. Danach hatten 11 Prozent der Haushalte weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Damit lagen die Deutschen in etwa gleichauf mit den skandinavischen Ländern Dänemark (11 Prozent), Finnland (11 Prozent) und Schweden (10 Prozent) sowie den Niederlanden (11 Prozent). In Spanien, Portugal, Griechenland und Italien lagen die Quoten bei knapp 20 Prozent. Aber auch in Frankreich (15 Prozent) und Großbritannien (17 Prozent) gab es im Jahr 2001 einen größeren Anteil an ärmeren Menschen in der Bevölkerung.

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