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Politik: Reichtums- und Armutsbericht: Unbekannte Welt der Reichen

Der Wohlstand in Deutschland ist zunehmend ungleich verteilt. Während auf der einen Seite immer mehr Menschen in relativer Armut leben, ballt sich auf der anderen Seite immer mehr Reichtum in den Händen weniger Bürger.

Der Wohlstand in Deutschland ist zunehmend ungleich verteilt. Während auf der einen Seite immer mehr Menschen in relativer Armut leben, ballt sich auf der anderen Seite immer mehr Reichtum in den Händen weniger Bürger. So lautet der Tenor eines ersten Entwurfs für einen Reichtums- und Armutsbericht der Bundesregierung, über den die "Frankfurter Rundschau" am Freitag berichtete. Mit dem Entwurf, dessen endgültige Fassung im nächsten Jahr vorgelegt werden soll, soll erstmals die Entwicklung von Reichtum und Armut gleichzeitig aufgezeigt werden. Rot-Grün hat nach ihrem Wahlsieg 1998 beschlossen, regelmäßig eine "nationale Armuts- und Reichtumsberichterstattung" vorzulegen.

Ein Sprecher des Sozialministeriums hat den Zeitungsbericht am Freitag in der Tendenz bestätigt, nicht aber die genauen Zahlen. Demnach sind Erkenntnisse aus der Welt der Wohlhabenden eher spärlich. Nur 30 der 700 Seiten des Entwurfs befassen sich mit dem Reichtum. Diese Gewichtung soll im endgültigen Bericht anders sein. Aber Forschungen über Reichtum gibt es kaum.

Bei der Armut sieht das anders aus. Jeder Fünfte der etwa 80 Millionen Bürger muss nach dem Bericht in Deutschland mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens in Höhe von 60 000 Mark brutto im Jahr auskommen. Vor allem Alleinerziehende sind häufig arm, auch Arbeitslose.

Selbst eine feste Arbeitsstelle schützt dem Bericht zufolge nicht immer vor Armut. Der Anteil der Menschen, die trotz eines Arbeitsplatzes zu den Armen gezählt werden, stieg demnach von 1993 bis 1998 von 38 auf 44 Prozent. Auch die Zahl der überschuldeten Haushalte wuchs: allein in Westdeutschland zwischen 1989 und 1997 von 1,2 Millionen auf 2,1 Millionen. In Ostdeutschland liegt die Zahl der überschuldeten Haushalte bei 580 000.

Dagegen gab es 1998 zwei Millionen Gutverdienende. Sie verdienen mehr als das Doppelte des Durchschnittseinkommens, also mehr als 130 000 Mark im Jahr. Dabei verfügt aber nur die Hälfte dieser Bürger mit hohem Einkommen auch über ein großes Vermögen. Unter ihnen sind 27 000 Menschen, die mehr als eine Million Mark jährlich verdienen. Die drei Prozent der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen konnten ihren Anteil am Immobilien-, Geld- und Wertpapiervermögen zwischen 1993 und 1998 von 14 auf 15,4 Prozent ausbauen.

Carsten Germis

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