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Politik: Reif für die Insel?

Die Türkei gibt im Hafenstreit erstmals nach – doch die EU stört sich an den Bedingungen

Wortkarg wie selten erschien Abdullah Gül am Donnerstag an seinem Arbeitsplatz. Der türkische Außenminister, der sonst gerne die Position seines Landes im Streit mit der EU um die Hafenöffnung für Zypern erläutert, wollte bei der Ankunft in seinem Ministerium in Ankara keine Fragen beantworten. Einen Tag zuvor hatte Gül die finnische EU-Ratspräsidentschaft und die Regierungen einiger befreundeter Länder vertraulich über einen neuen Vorschlag in der Zypernfrage unterrichtet. Die Türkei ist demnach bereit, einen Hafen und einen Flughafen für die griechischen Zyprer zu öffnen, wenn die EU das Embargo gegen den türkischen Sektor der geteilten Insel lockert. Anders als bisher will die Türkei mit der eigenen Hafenöffnung sogar in Vorleistung zu gehen.

Nach Berichten türkischer Medien besteht der Plan aus drei Teilen: Zunächst öffnet die Türkei für die Dauer eines Jahres einen Hafen – wahrscheinlich das südtürkische Mersin – und einen Flughafen für Schiffe und Flugzeuge aus der zur EU gehörenden griechischen Republik Zypern. Innerhalb des nächsten Jahres soll versucht werden, unter der Schirmherrschaft der UN eine umfassende Friedenslösung für die seit 1974 geteilte Mittelmeerinsel zu vereinbaren. Zudem erwartet die Türkei, dass bis zum 31. Dezember 2007 der Hafen Magosa (Famagusta) und der Flughafen Ercan im türkischen Teil Zyperns für den internationalen Handel geöffnet werden. Sollten die Friedensbemühungen für Zypern erneut scheitern, will die Türkei ihren Hafen für die Zyprer wieder sperren.

Mit dem Plan verfolgt die Türkei das Ziel, kurz vor der Entscheidung der EU über eine Verlangsamung des Beitrittsprozesses politisch wieder in die Offensive zu kommen, und gleichzeitig die griechischen Zyprer innerhalb der EU zu isolieren und als Blockierer hinzustellen.

Elf Monate vor den nächsten Parlamentswahlen muss die Regierung Erdogan jedoch darauf achten, beim emotionsbefrachtetenThema Zypern nicht in den Verdacht zu geraten, das nationale Tafelsilber zu verscherbeln. Vom obersten Hardliner beim Thema Zypern erhielt Erdogan überraschend Rückendeckung: Rauf Denktasch, der frühere Volksgruppenchef der türkischen Zyprer, gab dem Plan seinen Segen.

Applaus erhielt Erdogan zunächst auch aus Brüssel, wo am Donnerstag die 25 EU-Botschafter über den türkischen Vorschlag berieten. Der Sprecher der finnischen EU-Präsidentschaft Mikko Norros nannte ihn einen „Schritt in die richtige Richtung“. Wenig später schwächte Finnlands Außenminister die Freude ein wenig ab: Die EU erwarte ein „bedingungsloses“ Angebot der Türkei. Und am Abend erklärte er dann: „Das ist es noch nicht.“ Man sehe aber ein „positives Zeichen. Noch härter zeigte sich Zyperns Außenminister George Lilikas: Das Angebot sei eine „Verhöhnung“ der EU.

Auch die EU-Kommission hatte zunächst die Möglichkeit eines Einlenkens von Ankara begrüßt. Es sei ein „entscheidender Schritt“ zur vollständigen Umsetzung des Ankara-Protokolls, wenn sich die Initiative bestätigen sollte, sagte Crisztina Nagy, die Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn. Das Ankara-Protokoll sieht vor, dass die Türkei die Zollunion mit der EU auch auf das EU-Mitglied Zypern ausdehnt. Die Kommission hatte in der vergangenen Woche empfohlen, die Beitrittsgespräche wegen der unnachgiebigen Haltung Ankaras im Zypernstreit in acht der 35 Verhandlungskapitel auszusetzen.

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