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Krankenkassen

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Rekorddefizit: Merkel plant Spitzengespräch zu Krankenkassen

Spitzengespräch zum Rekorddefizit: Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich am Donnerstag und Freitag mit den Partei- und Fraktionsvorsitzenden ausgiebig den Krankenkassen widmen.

Berlin - Erst haben sie die Wahl in Nordrhein-Westfalen abwarten müssen und dann auch noch die des Bundespräsidenten. Einen Tag später aber, so versprechen die Koalitionäre, steht das drohende Milliardendefizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wieder ganz oben auf der politischen Agenda. Und zwar als Chefsache. Kanzlerin Angela Merkel will sich am Donnerstag und Freitag mit den Partei- und Fraktionsvorsitzenden ausgiebig diesem Thema widmen. Und Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), der in der Spitzenrunde dabei ist, erörtert die Details der heiklen Materie am Donnerstag zusätzlich auch noch mit den Koalitionsexperten – zum mittlerweile dritten Mal.

Wie dringend die Sache ist, machte der GKV-Spitzenverband klar. Sie wende sich mit einem „wirklich dramatischen Appell“ an die Regierenden, sagte Verbandschefin Doris Pfeiffer im brandenburgischen Motzen. Wenn sie sich bis zur Sommerpause nicht endlich auf Sparbeschlüsse einigten, gerate das System „in eine Schieflage, die kaum noch abzufangen ist“. Das Rekorddefizit von zehn bis zwölf Milliarden Euro im kommenden Jahr drohe „nicht wenigen“ Kassen den Garaus zu machen und einen „Dominoeffekt“ zu verursachen. Höhere Zusatzbeiträge allein genügten nicht, sagte Pfeiffer und wiederholte ihre Forderung nach Nullrunden für Kliniken und niedergelassene Ärzte. Insbesondere bei den Medizinern, die sich seit 2007 über Honorarsteigerungen von durchschnittlich 5,4 Prozent pro Jahr freuen konnten, gebe es „genug Luft“, betonte Vorstandsvize Johann-Magnus von Stackelberg. Die Ärzte seien von der Vorgängerregierung nicht nur mit Blick auf die Bundestagswahl großzügig bedient worden, sie hätten am Ende sogar 800 Millionen mehr erhalten als zugesichert. Auch dieses Geld müsse zurückfließen.

Derart unter Druck preschte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit einem Vorschlag vor, den die CSU in den geheimen Verhandlungen nur vorsichtig anklingen und dann auch nicht weiter bestätigen ließ: eine Praxisgebühr für jeden Arztbesuch. Er unterstütze solche Vorschläge, sagte KBV-Chef Andreas Köhler und wies darauf hin, dass die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte in Deutschland mit 18 pro Jahr weit über dem europäischen Durchschnitt liege. Wenn man es schaffe, sie mittels einer häufiger verlangten Praxisgebühr zu verringern, habe der Arzt auch „mehr Zeit für den Patienten“. Allerdings müsse der Obolus dann weniger als die bisherigen zehn Euro betragen, betonte Köhlers Sprecher Roland Stahl.

Unterdessen brachte die Regierung am Dienstag auch den zweiten Teil ihres Arzneisparpakets auf den Weg. Das Bundeskabinett billigte einen Gesetzentwurf, der die Pharmahersteller dazu verpflichtet, künftig den Nutzen neuer Medikamente nachzuweisen und dafür innerhalb eines Jahres mit den Krankenkassen einen Preis auszuhandeln. Bisher wurden die Preise für patentgeschützte Arznei frei festgesetzt und – unabhängig vom Nutzen – von den Kassen erstattet. Wenn sich Hersteller und Kassen nicht einigen, soll eine Schiedsstelle entscheiden.

Den ersten Teil des Sparpakets hat der Bundestag bereits am 18. Juni beschlossen. Der Herstellerabschlag für Arznei ohne Festbetrag wurde damit von sechs auf 16 Prozent erhöht. Zudem wurden die Preise bis Ende 2013 auf dem Stand vom August 2009 eingefroren.

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