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Ein kühles Kölsch unterm Weihnachtsbaum, in aller Öffentlichkeit

© dpa

Ein Zwischenruf zu Weihnachtskrippen: Religiöse Symbole dürfen in die Öffentlichkeit

Frankreich streitet über Weihnachtskrippen, Deutschland über die Karfreitagsruhe. Dabei können Privilegien für bestimmte Religionen sinnvoll und berechtigt sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

In Frankreich ist eine juristische Schlacht um Weihnachtskrippen im öffentlichen Raum entbrannt, die von Stadtverwaltungen in der Weihnachtszeit aufgestellt werden, oft vor dem Rathaus. Ein solches Krippenensemble – und zwar ein besonders originelles – ist derzeit auch in Straßburg auf dem Place Kléber zu bewundern. Regionale Holzschnitzkünstler haben die bekannten Figuren, Menschen wie Tiere, einzeln aus je einem Baumstamm entstehen lassen. Gestaltung hin oder her, juristisch strittig im kulturell katholischen Frankreich ist nicht, wie Krippen dargestellt werden, sondern ob eine staatliche Verwaltung überhaupt legitimiert ist, ein religiöses Symbol zur Schau zu stellen, schließlich herrscht seit 1905 eine strikte Trennung zwischen Staat und Kirche (Laizität).

Die aber sehen nun etliche der insgesamt sechsunddreißigtausend Bürgermeister verletzt. Wer nun vermutet, hinter der Kritik an der Krippenshow steckten Muslime, der irrt. Es handelt sich auch nicht um Einknicken vor befürchteten öffentlichen Protesten. Der Konflikt spielt sich ab zwischen Hardlinern in Sachen Laizität, die der Krippe einen hundertprozentigen religiösen Charakter zuschreiben, und denen, die in erster Linie die kulturelle Tradition des Weihnachtsfestes betonen und deshalb am öffentlichen Krippenzeigen festhalten wollen. Mal sehen, wie der Konflikt ausgeht. Noch fehlt das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts.

Der Streit um religiöse Symbole und um Regelungen, die auf religiösen Traditionen gründen, wird nicht nur in Frankreich heftiger, sondern überall, auch bei uns, weil die meisten Länder multireligiöser werden und gleichzeitig nicht religiöse Weltanschauungen (beispielsweise Atheismus) zunehmen. Wer kann es deren Anhängern verübeln, in den Genuss derselben Rechte kommen zu wollen wie christliche Kirchen? Das hat auch ein Veranstaltungsunternehmer aus Köln versucht, der unbedingt eine große Feier anlässlich einer Beschneidung organisieren wollte, und zwar am Karfreitag, einem der höchsten christlichen Feiertage. Die Stadt lehnte ab, und das Verwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung mit der Begründung, die Karfreitagsruhe sei nach dem Feiertagsgesetz auch in NRW besonders geschützt.

Ungerecht? Einseitige Privilegien für bestimmte Religionen? Ja, eindeutig. Und dennoch: Es ist kein Drama, dass tradierte religiöse Selbstverständlichkeiten infrage gestellt werden. Auch das Neudazugekommene braucht öffentlichen Raum. Aber nicht um den Preis, dass bisher privilegierte hundertjährige kulturelle Traditionen wie Krippen und die öffentliche Karfreitagsruhe einfach weichen müssten. Sonst wäre die rechtliche Gleichheit für alle sinnentleert.

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