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Renten: Regierung streitet um Aufstockung der Reserven

Über die Erhöhung der Bezüge von 20 Millionen Rentnern ist sich die Regierung einig. Doch nun will Arbeitsminister Scholz die Rentenreserven aufstocken. Finanzminister Steinbrück läuft Sturm.

Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) stößt mit seinen Plänen für eine außerplanmäßige Rentenerhöhung auch innerhalb der Bundesregierung auf Kritik. Umstritten ist dabei nicht das Vorhaben, die Altersbezüge der 20 Millionen Rentner in diesem Jahr stärker steigen zu lassen. Widerstand regt sich gegen die geplante Aufstockung der Rentenreserven. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) haben nach Angaben aus Regierungskreisen ihr Veto eingelegt.

Scholz will nicht nur den Riester-Faktor, der die Rentenerhöhung schmälert, für zwei Jahre aussetzen. Zugleich plant er, die eiserne Reserve der Rentenversicherung auszubauen: Erst wenn diese auf 2,5 Monatsausgaben oder 42 Milliarden Euro angewachsen ist, soll der Rentenbeitrag von derzeit 19,9 Prozent wieder sinken. Bislang war lediglich vorgesehen, dass die Reserve auf 1,5 Monatsausgaben aufgefüllt werden soll.

Scholz begründet den Ausbau in seinem Gesetzentwurf damit, dass die „nachhaltige finanzielle Sicherung“ der gesetzlichen Rentenversicherung verbessert werden solle. In wirtschaftlichen Schwächephasen könne man dann länger ohne einen Anstieg der Beiträge auskommen. Das Signal an die Beitragszahler, das Scholz damit senden wollte, kommt bei seinen Kabinettskollegen jedoch nicht an. Denn kurzfristig führt die Maßnahme dazu, dass die Rentenbeiträge erst 2014 und nicht schon früher wieder sinken können. Bis dahin muss außerdem der Bund höhere Zuschüsse zahlen.

Weil der Streit bei einem Treffen der Staatssekretäre am Montagabend nicht beigelegt werden konnte, wird das Kabinett nicht an diesem Mittwoch, sondern erst am Dienstag kommender Woche über die Gesetzesänderungen beraten. Da auch die Fraktionen von SPD und Union am Dienstag die Pläne billigen sollen, wurde die Kabinettssitzung von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen. Bis dahin muss der Konflikt zwischen den Ministerien beigelegt werden. „Das geht nicht ohne die Kanzlerin“, zitiert das „Handelsblatt“ einen Regierungsvertreter.

Das Finanzministerium sieht nun das Arbeitsministerium am Zug. „Zentrale Aufgabe der Sozialpolitiker ist es darzulegen, welche Konsequenzen für den Haushalt vermeidbar und welche unvermeidbar sind“, sagte Steinbrücks Sprecher. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums betonte, die Pläne für die Rentenanpassung 2008 und 2009 seien innerhalb der Bundesregierung abgestimmt, aktuell gehe es in der Ressortabstimmung noch um Detailpunkte. „Wir sind unter Zeitdruck, um die Rentenanpassung pünktlich zum 1. Juli hinzubekommen.“

Bis 2011 wird die gesetzliche Rentenversicherung laut Berechnungen aus dem Gesetzentwurf zusätzlich mit 9,1 Milliarden Euro belastet. Der Bund muss bis dahin 2,9 Milliarden Euro zuschießen. Langfristig, so argumentiert das Arbeitsministerium, ergäben sich durch die Aussetzung des Riester-Faktors keine „unmittelbaren finanziellen Belastungen“ für die Rentenkassen, weil die Kürzungen später nachgeholt werden sollen. Im Gesetzentwurf heißt es außerdem, dass der Beitragssatz insgesamt durch den Ausbau der Reserve bis 2017 zwar höher, danach aber geringer ausfalle. Ohne das zusätzliche Rentenplus und die Reserve wäre der Beitrag von derzeit 19,9 Prozent schon 2011 auf 19,3 Prozent gesunken. Nach den Plänen des Arbeitsministers sinkt er erst 2014 auf 19,7 und 2015 auf 19,3 Prozent.

Der CDU-Abgeordnete Jens Spahn hält es zwar grundsätzlich für sinnvoll, eine Nachhaltigkeitsreserve für die Rentenkassen aufzubauen, ist aber skeptisch gegenüber dem Vorhaben. „Ich habe das Vertrauen verloren, dass die Reserve zur Stabilisierung der Rentenfinanzen genutzt wird“, sagte Spahn dem Tagesspiegel. Sobald etwas Geld in der Rentenversicherung übrig sei, werde dies – wie jetzt mit der Rentenerhöhung – gleich wieder ausgegeben. „Dann kann man auf den Ausbau der Reserve auch verzichten“, sagte Spahn. Der 27-jährige CDU-Abgeordnete gehörte zu den wenigen Kritikern in der Union, die sich gegen die außerplanmäßige Rentenerhöhung ausgesprochen hatten.

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