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Die Richterbesoldung ist je nach Bundesland unterschiedlich.

© Axel Heimken/dpa

Update

Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts: Mehr Geld für arme Richter

Verdienen Richter und Staatsanwälte genug? Nein, entschied heute das Bundesverfassungsgericht und legte Untergrenzen für die Besoldung der Justiz fest. Das Urteil könnte auch Folgen für andere Beamtengruppen haben.

Schwer habe sich das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil getan, denn „Richter entscheiden hier über Richterbesoldung“, sagte dessen Präsident Andreas Voßkuhle am Dienstag bei der Verkündung. Nun steht fest: Die Gehaltssätze der unteren Lohngruppe R1 in Sachsen-Anhalt von 2008 bis 2010 sind verfassungswidrig niedrig, das Land muss per Gesetz bis Jahresende nachsteuern. In Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ist die Bezahlung dagegen noch hinnehmbar.

Der Dienstherr muss eine Auskommengarantie geben

Sind Richter arme Leute? Ist uns der Rechtsstaat zu wenig wert? Der Streit darum geht seit Jahren, der Richterbund zeichnet gern das Bild von unterbezahlten Hochqualifizierten, die als Berufsanfänger im Saarland mit etwas mehr als 3200 Euro brutto nach Hause kommen, währen es in Bayern rund 4000 Euro sein können. Tatsächlich hatte die Politik die Richterbesoldung vor einigen Jahren in die föderale Freiheit entlassen. Die Finanzminister entdeckten das Justizpersonal daraufhin als Spardose. Nicht nur Richter, auch Staatsanwälte zogen vor die Verwaltungsgerichte, die die Verfahren aussetzten und in Karlsruhe vorlegten. Das Hauptargument: Die Besoldung sei in unverträglicher Weise hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückgeblieben.
Die Skala, auf der die Verfassungsrichter den Lohn zu messen hatten, bildet Artikel 33 Grundgesetz. Der verlangt, den öffentlichen Dienst mit Rücksicht auf die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ zu regeln. Dazu zählt das Alimentationsprinzip, wonach ein Dienstherr seinen Untergebenen samt deren Familien einen angemessenen Unterhalt sichern muss, mit Blick auf den allgemeinen Lebensstandard und die mit dem Amt verbundene Verantwortung. Die Auskommensgarantie bildet das Gegenstück zum beamtenrechtlichen Streikverbot. Angestellte haben andere Mittel, um höhere Gehälter durchzusetzen.
Voßkuhle und sein Senat sind nun sichtlich stolz auf ihr Urteil, mit dem sie „grundsätzliche Fragen“ zur Besoldung im öffentlichen Dienst beantworten wollen und das über die 20.000 Richter und 5000 Staatsanwälte hinaus auch auf andere Beamtengruppen durchschlagen könnte. Die Richter wollen sich darauf beschränken, gegen „evident verfassungswidrige“ Bezüge vorzugehen. Ein Drei-Stufen-Schema soll künftig helfen, die kritische Grenze festzustellen.

Knappe Kassen können niedrigere Besoldung rechtfertigen

Auf der ersten Stufe soll ein Zahlenwerk aus Vergleichen mit Tarifabschlüssen, Nominallöhnen, Verbraucherpreisen, den zu wahrenden Gehaltsabständen innerhalb der Berufskarriere und der Richterbesoldung in anderen Bundesländern ein unzulässiges Gehalt indizieren. Sind drei der fünf prozentgenau festgelegten Parameter erfüllt, folgt eine Gesamtschau, die auch Vergleichsgrößen wie Beschäftigte in der Privatwirtschaft und die „Gewinnung überdurchschnittlich qualifizierter Kräfte für den höheren Justizdienst“ in den Blick nimmt. Zuletzt sei zu prüfen, ob die Minderbemittlung wegen knapper Kassen ausnahmsweise gerechtfertigt sein kann – wobei bloße Haushalts- und Sparziele allein nicht reichen sollen. Es gehe um Untergrenzen, betonte Voßkuhle. Den Ländern bleibe es „unbenommen, eine höhere Alimentation vorzusehen“.

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