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Politik: Röstel will nicht in der Versenkung verschwinden - Im Gespräch ist die Koordinatorenstelle der Fraktion für den Aufbau Ost

Vorsitzende auf Abruf ist Gunda Röstel schon länger. Spätestens seit der Landtagswahl im vergangenen Herbst in Sachsen.

Von Matthias Meisner

Vorsitzende auf Abruf ist Gunda Röstel schon länger. Spätestens seit der Landtagswahl im vergangenen Herbst in Sachsen. Der heimliche Parteichef der Grünen, Joschka Fischer, hatte kurz vor dem Urnengang am 19. September die bisherige Doppelspitze mit den Vorstandssprecherinnen Antje Radcke und Röstel in Frage gestellt, seine eigenen Leute hatten den Putschplan unmittelbar vor dem Urnengang verbreitet. Röstel, die in Sachsen bei weit über 100 Terminen tapfer gekämpft hatte, galt zur Wahl als demontiert - und verlor. 2,6 Prozent holte die Vorstandssprecherin als Spitzenkandidatin in Sachsen. Das sollte das Ende der politischen Karriere von Gunda Röstel sein.

Begonnen hatte die politische Laufbahn der heute 38-jährigen Sonderschullehrerin zunächst weitgehend im Verborgenen. Kurz nach der Wende gründete sie mit Mitstreitern in Flöha bei Chemnitz eine Ortsgruppe des Neuen Forums, 1991 schloß sie sich den Grünen an. Die erste Spitzenposition nahm sie 1993 an: Für ein Jahr war sie Landessprecherin der Partei in Sachsen. Das Amt gab sie 1994 nach der Landtagswahl ab: Nach schwarz-grünen Gedankenspielen der sächsischen Führung hatte die Partei den Wiedereinzug in das Landesparlament verpasst.

Zwei Jahre später holte Röstels Mitstreiter Werner Schulz, bürgerbewegter Bundestagsabgeordneter aus Sachsen, sie aus der sächsischen Versenkung und brachte sie als Nachfolgerin von Krista Sager für den Vorstandssprecherposten der Bundespartei ins Gespräch. Der Coup gelang: Röstel wurde, zunächst an der Seite von Jürgen Trittin, in die Parteispitze gewählt. Zum Höhepunkt ihrer Laufbahn in Bonn wurde im Herbst 1998 die Teilnahme an der Verhandlungskommission für eine rot-grüne Koalitionsvereinbarung - auch wenn ihr viele anlasteten, sie würde wenig eigene Ideen entwickeln, sondern vornehmlich die Inhalte mediengerecht transportieren.

Der Hauptkritiker als Fürsprecher

Einen Erfolg bei der Sachsen-Wahl ein Jahr später hatte Röstel mit ihrem Amt als Vorstandssprecherin verknüpft. Dass sie dann, am Montag nach der Wahl, doch nicht zurücktrat, hat, so absurd es klingt, ausgerechnet mit Joschka Fischer zu tun. Er war von den eigenen Parteifreunden des Mobbings gegen die aus seiner Sicht führungsschwache Parteichefin verdächtigt worden: Röstel musste im Amt bleiben, damit Fischer nicht als der Bösewicht dastand. Dass eine führende Politikerin aus dem Osten in der Grünen-Führung von Bedeutung sein könnte, zählte für die Strategen schon nicht mehr. Mit der verlorenen Sachsen-Wahl stand fest, dass die Grünen auf absehbare Zeit nicht mehr in einem ostdeutschen Landesparlament vertreten sein werden.

Doch was wird jetzt aus Gunda Röstel? Letzte Schlagzeilen machte sie vor wenigen Wochen, als sie im Vamp-Outfit ihre langen Beine in einem Lifestyle-Magazin zur Geltung brachte - mit dem Hinweis, dass sie schon seit ihrer Jugend geträumt habe, als Model zu arbeiten. Doch das soll nicht alles gewesen sein: Unmittelbar nach der Ankündigung vom Sonntag, nicht mehr für den Bundesvorstand kandidieren zu wollen, kündigte Röstel an, politisch müsse auch weiter mit ihr gerechnet werden.

Was sich hinter dieser Ankündigung verbirgt, bleibt offen. Die Zeit steht nicht für Versorgungsposten von Politikern. Andererseits soll die gediente Politikerin nicht ins Leere fallen. Zur Rede stand unter anderem, dass Röstel als Koordinatorin in der Bundestagsfraktion den Aufbau Ost organisieren soll, auf der Planstelle von Marianne Birthler, die im Frühjahr zur Gauck-Behörde wechselt. Und wenn die grüne Strukturreform scheitert: Das realpolitische Lager, das dann nicht mehr für den Stuttgarter Fraktionschef Fritz Kuhn stimmen kann, hätte keinen Kandidaten mehr. Selbst dann rechnet niemand mit Röstel als Notnagel.

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