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Der Thüringer Ex-Verfassungsschutzchef Helmut Roewer wartet am 10. September im Landtag in Erfurt auf die Fortsetzung der Befragung.

© dpa

NSU-Ausschuss: Roewer verteidigt Führung von rechtsextremen V-Leuten

Der Thüringer Ex-Verfassungsschutzpräsident Helmut Roewer provoziert im Untersuchungsausschuss. Auf die Frage, ob er Fehler erkenne, verweist er darauf, andere Behörden hätten ihn nicht genug unterstützt. 

„Gegen eine Dienstvorschrift, die es nicht gibt, kann man auch nicht verstoßen“, sagte Helmut Roewer mit seiner brüchig-rauen Stimme. Der ehemalige Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, der am Montag erneut als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss zum Rechtsterror stand, wurde zur Führung von V-Leuten befragt. Dass seine sarkastische Antwort provozierte, war unverkennbar: Wie schon im Juli bei der spätabends abgebrochenen Befragung Roewers war die Atmosphäre im Ausschuss gereizt.

Der Ex-Präsident, der sich laut seinem Anwalt als „Sündenbock“ fühlt, ließ sich wieder nur widerwillig auf Einzelheiten ein. Etwa zur Führung der Zuträger, der so genannten V-Leute. „In meiner Amtszeit gab es keine Dienstvorschrift für die Beschaffung“, sagte Roewer, der dem Nachrichtendienst von 1994 bis 2000 vorstand. Stattdessen sei von den zuständigen Sachbearbeitern „anlassbezogen“ entschieden worden, was zu tun und was zu lassen ist.

In einem Fall griff der Präsident jedoch persönlich ein. Wie er dem Ausschuss erläuterte, betraf das ausgerechnet die Spitzenquelle des Dienstes bei den Rechtsextremisten. Deren Sammelbecken war Ende der 90er Jahre der „Thüringer Heimatschutz“. Anführer war Tino Brandt, der gleichzeitig unter dem Decknamen „Otto“ auf der Gehaltsliste des Verfassungsschutzes stand und pro Jahr ungefähr 33.000 D-Mark erhielt.

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Gegen Ende des Jahres 1999 bekam Helmut Roewer nach eigener Darstellung vom Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen, wonach es bei Brandt ein „Problem mit der Nachrichten-Ehrlichkeit“ gab. Es komme bei V-Leuten immer mal wieder vor, dozierte der frühere Präsident vor dem Ausschuss, dass diese aus dem Ruder liefen. Also beantragte er eine Telefonüberwachung, in deren Ergebnis er anwies, die Quelle abzuschalten. Kurze Zeit darauf wurde Roewer jedoch selbst gefeuert. Sein Nachfolger schaltete Brandt wieder an, bis der Spitzel im Mai 2001 durch einen Zeitungsbericht aufflog.

Ob Brandts „Thüringer Heimatschutz“ mit dem Geld vom Verfassungsschutz nicht erst groß gemacht wurde, ist eine der Fragen, die der Thüringer Untersuchungsausschuss klären will. Seine zentrale Frage allerdings ist, ob die Erfurter Sicherheitsbehörden versagt haben bei der Fahndung nach den Jenaer Neonazis Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe, die später von Zwickau aus mutmaßlich die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ bildeten.

Ob er Fehler im Umgang mit dem Rechtsextremismus erkenne, wurde Roewer im Ausschuss gefragt. Eine derartige Wertung wolle er nicht abgeben, lautete seine Antwort. Sein Wille sei es gewesen, „diese Leute abzuräumen“. Doch „bei der Durchführung dieses Willens“ hätten ihn andere Behörden nicht genug unterstützt. 

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