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Politik: Rot-Grün auf Jobsuche

Das Treffen soll signalisieren, dass die Bundesregierung trotz aller Kritik solide Arbeit macht – die Koalition ist bescheiden geworden

Berlin - In der Politik kann die Frage nach der Botschaft quälend sein – vor allem, wenn die Erwartungen größer sind als der Handlungsspielraum der Akteure. Die rot-grüne Bundesregierung sieht sich vor ihrer Kabinettsklausur am Wochenende auf Schloss Neuhardenberg verstärkt mit der Botschaftsfrage konfrontiert, und die Antwort fällt ihr erkennbar schwer. Es gehe darum, „eine gute Tradition wieder aufleben zu lassen“, sagte am Mittwoch zum Beispiel Regierungssprecher Bela Anda. Das Problem mit der Traditionspflege ist nur, dass am Ende von Neuhardenberg II keine spektakuläre Steuersenkung verkündet werden kann – und auch kein neues milliardenschweres Investitionsprogramm.

Ein knappes Jahr nach der ersten Kabinettsklausur ist die rot-grüne Koalition in ihren Ansprüchen bescheiden geworden. Von einem Arbeitstreffen ist allenthalben die Rede, von der Notwendigkeit gründlicher Diskussionen ohne den gewohnten Zeitdruck und von der fälligen Bilanz zur Hälfte der Wahlperiode. Das Signal von Neuhardenberg, so ein führendes Mitglied der Koalition, könne diesmal nur lauten: „Die Regierung macht ihren Job.“

Nicht einmal eine große Reformrede zum Abschluss der Klausur will sich der Kanzler gönnen, verlautet aus seiner Umgebung. Stattdessen sollen Sachthemen solide abgearbeitet werden. Im Zentrum steht die Umsetzung von Hartz IV, also die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II. Das Herzstück der Arbeitsmarktreformen will der Kanzler gründlich behandeln, um handwerkliche Fehler und Kommunikationspannen wie bei der Gesundheitsreform zu vermeiden. Keinesfalls will Rot-Grün erneut die Bestätigung für das weit verbreite Urteil liefern: Die können es nicht.

Vergleichsweise bescheiden fällt auch der Rest der Tagesordnung aus. Erwartet wird in Koalitionskreisen das erste grundsätzliche Bekenntnis des Kabinetts zur Einführung der Bürgerversicherung. Details würden nicht besprochen, aber auf einen gemeinsamen Fahrplan beider Parteien werde man sich wohl einigen, heißt es. Die Grünen wollen außerdem mit Zusagen zur Förderung alternativer Energiequellen nach Hause gehen. Zum Stand der Verhandlungen in der Koalition über die Anpassung der Pflegeversicherung soll es einen Bericht geben. Eine Entscheidung, wie die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden kann, Eltern bei den Beiträgen besser zu stellen, steht nicht an.

Ein deutliches Zeichen wollen die rot-grünen Koalitionäre mit dem Thema Kinderbetreuung setzen. Diskutiert werden soll, wie Langzeitarbeitslose in den Kommunen zum Beispiel als Tagesmütter oder Lehrer eingesetzt werden können. Damit würden sowohl Eltern entlastet als auch Jobs geschaffen. Doch schon die Voraussetzung – der flächendeckende Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren – stößt auf Widerstand bei den kommunalen Spitzenverbänden. Rot-Grün hat einen Teil der Einsparungen aus der Arbeitsmarktreform dafür vorgesehen. Die Kommunalverbände behaupten nun, die von der Bundesregierung mit Hartz IV zugesagten Mittel reichten nicht aus, um die Betreuungsangebote zu schaffen. Das sind keine guten Nachrichten für die Koalition, die in Neuhardenberg eigentlich nur versprechen will, was sie auch halten kann.

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