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Politik: Rote Zahlen, schwarze Aussichten

Union und SPD verständigen sich, wie die Haushaltslöcher zu stopfen sind – und streiten beim Arbeitsmarkt

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Berlin - Der künftige Finanzminister heißt Peer, nicht Peter, und den schwarzen Peter will Peer Steinbrück schon gleich gar nicht. Wenn er schon Vorschläge zur Sanierung des Bundeshaushalts ausarbeiten solle, forderte der SPD-Mann am Montagabend beim Koalitionsgespräch im Konrad-Adenauer-Haus, dürfe das Ergebnis nicht gleich wieder öffentlich zum Horrorkatalog gestempelt werden. „Ich hab’ noch nicht mal ’ne Liste, schon ist das gleich wieder eine ,Giftliste‘“, malte Steinbrück nach der Erinnerung von Teilnehmern den Vorgang aus.

Da war allerdings – nach längerer Diskussion – auch schon klar, dass Steinbrück eben diese Liste vorlegen wird. Gegen den Versuch, ihr diesen Job zu überlassen, hatten sich die Union und ihr Finanzverhandlungsführer Roland Koch gewehrt. Der Hesse Koch mochte den schwarzen Peter auch nicht. Es könne nicht so ablaufen, dass CDU und CSU als „Sozialdarwinisten“ dastünden und die Sozialdemokraten sich als jene profilierten, die das Übelste verhindert hätten.

Die Lösung, die die Runde fand, hat etwas Salomonisches. Steinbrück soll die Vorschläge ausarbeiten, wie das Haushaltsloch von 35 Milliarden Euro gestopft werden könnte, und Koch soll sie gegenzeichnen. Über konkrete Schritte ist in der großen Runde nicht gesprochen worden, auch nicht über das Thema Mehrwertsteuer. Aber Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) deutet anderntags an, dass diese Frage nicht tabu ist. „Es wird darüber zu sprechen sein, ob eine höhere Mehrwertsteuer einen Konsolidierungsbeitrag leisten kann“, sagt Stratthaus – was freilich gegen die Unionslinie im Wahlkampf verstieße, die Verbrauchsteuer zum Zweck der Senkung von Arbeitskosten zu erhöhen. Entgegenkommen signalisierte Stratthaus auch bei einem anderen Punkt: Die Eigenheimzulage werde es künftig so wohl nicht mehr geben – eine Steuersenkung, für deren Finanzierung die Union die Zulage opfern wollte, aber ebenfalls nicht. Der Großteil der Haushaltssanierung wird freilich, darüber herrscht Einigkeit, nur über drastische Einsparungen zu leisten sein. Immerhin werten es beide Seiten als Fortschritt, dass über die Ausgangslage im Haushalt jetzt Konsens herrscht.

Davon kann beim Thema Arbeitsmarkt keine Rede sein. Hier konnten die Unterhändler nur aufs Neue berichten, dass man fast durchweg weit auseinander ist. Die Union besteht zum Beispiel weiter im Tarifrecht auf Öffnungsklauseln für betriebliche Arbeitsbündnisse.

Dagegen sind sich die Verteidigungspolitiker beider Seiten schon einig. Die Arbeitsgruppe unter Leitung des designierten Ministers Franz Josef Jung (CDU) und seines Vorgängers Peter Struck (SPD) schloss am Dienstag die Akten mit einem gemeinsamen Papier. Die Wehrpflicht wird darin als „die bessere Wehrform“ festgeschrieben; von einer allgemeinen Dienstpflicht, die Jung ins Gespräch gebracht hatte, ist keine Rede. Im Streit um einen Einsatz der Armee im Inneren enthält das Papier hingegen ein paar interessante Formeln. Das ohnehin geplante Weißbuch soll „eine Festlegung der Aufgaben und der Zusammenarbeit der jetzt schon verantwortlichen Institutionen“ beinhalten, sprich: die Kooperation Militär/Polizei genauer definieren. Überdies soll die Regierung tätig werden, falls „eine besondere Gefährdung der Sicherheit unseres Landes“ neue Regelungen nötig macht. Das gilt dem Fall, dass das Bundesverfassungsgericht das Luftsicherheitsgesetz kassiert, das den Abschuss von entführten Passagierflugzeugen erlaubt. Und schließlich wird festgehalten: Angesichts neuer Formen der Bedrohung sei „äußere von innerer Sicherheit nicht mehr trennscharf zu unterscheiden“.

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