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Politik: Roter Franz und schwarzer Peter

Bund und Länder verkrachen sich über einen einzigen Punkt und lassen die Föderalismusreform scheitern

Berlin - „Das kann ich nicht glauben.“ Kurt Beck war überrascht, als ihm die Nachricht zugetragen wurde: Franz Müntefering hat das Scheitern der Föderalismuskommission erklärt. „Das darf nicht sein“, fügte der Mainzer SPD-Ministerpräsident noch hinzu. Das war am Freitag um kurz nach 10 Uhr. Sein Düsseldorfer Kollege Peer Steinbrück schritt mit ernstem Gesicht durch die Lobby des Bundesrats, das Handy am Ohr. Da war Erwin Teufel schon wieder verschwunden, kaum dass er gekommen war. Auch Steinbrück verließ die Länderkammer rasch zur Krisenrunde.

Die Mitglieder der Föderalismuskommission, für 15 Uhr zur abschließenden Sitzung in den Bundestag geladen, hatten einen Brief bekommen von den Kommissionschefs Müntefering und Edmund Stoiber. „Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir Ihnen keinen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten können.“ Bei ihrer Abschlussrunde hatte sich gezeigt, dass bei der Bildungspolitik keine Einigung zu erzielen war. Dabei war hier die Gefechtslage klar: Die große Mehrheit der Länder wollte dem Bund keine größeren Kompetenzen zubilligen. Nur Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg waren bereit, dem Bund etwas mehr zuzubilligen. Aber noch in der Runde der Ministerpräsidenten mit dem Kanzler am Donnerstag hatte Steinbrück Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn klar gemacht, dass die Länder sich in ihrem Kernbereich Bildung nicht von der Bundesregierung hineinregieren lassen wollen. In der Bundesregierung bestand dagegen bis zuletzt die Position, die eigenen Möglichkeiten auszuweiten, sich jedenfalls die jetzigen nicht schleifen zu lassen.

Damit war Müntefering nicht abschlussfähig. Stoiber machte klar, dass ohne Einigung bei der Bildung die ganze Reform nichts werde. Dieses „Junktim“, so Müntefering, habe ihn veranlasst, das Scheitern zu erklären. Der Bund „raus aus der Bildung“, das sei nicht zu machen. In der SPD-Fraktion bekam er für seine Darstellung Beifall. Roland Koch, Hessens CDU-Ministerpräsident und neben Stoiber der Hauptverhandler der Länder, wollte davon nichts hören. „Es war von Beginn an klar, dass die Länder dem Bund bei der Bildung nicht mehr Rechte zubilligen werden“, sagte er. Wer es hier darauf anlege, wolle die Reform nicht. „Die Bildungsgeschichte war eine Kriegserklärung“, fügte er hinzu. Und zeigte sich enttäuscht über Müntefering: „Ich dachte immer, er hat die alleinige Verhandlungskompetenz auf seiner Seite.“ Koch sah den Kanzler als den eigentlichen Schuldigen, sollte das „gegenwärtige Scheitern“, wie Stoiber es am Morgen genannt hatte, eintreten. Am Nachmittag sah es endgültig so aus, als ob Bund und Länder sich nicht mehr zusammenraufen können.

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