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Ruandas Präsident Kagame ist für sieben weitere Jahre im Amt bestätigt worden.

© AFP

Ruanda: Präsident Kagame: Der Vorbild-Autokrat

Für die einen ein Kriegstreiber, für andere ein vorbildlicher Modernisierer und Versöhner: Ruandas Präsident Paul Kagame lässt der Opposition kaum Luft, um den Wirtschaftsaufschwung beneiden ihn trotzdem viele.

Ein Wahlgeschenk ist es nicht gerade gewesen. Kaum war die Präsidentenwahl in Ruanda ausgezählt, und Paul Kagame mit 93 Prozent im Amt bestätigt, sind bei einem mutmaßlichen Granatenanschlag am Mittwoch in der Hauptstadt Kigali sieben Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Mehrere der Opfer seien Kinder, sagte Polizeisprecher Eric Kayiranga der staatlichen Zeitung „New Times“. Drei Verdächtige seien festgenommen worden, sagte Kayiranga, ohne nähere Angaben zu machen. Die Sprengsätze explodierten am Mittwochabend an einer Haltestelle für Sammeltaxis, an der sich zahlreiche Menschen aufhielten, die nach der Arbeit auf dem Heimweg waren. Kurz vorher hatte die Wahlkommission den Wahlsieg Kagames bestätigt.

Es gibt in Afrika kaum einen Präsidenten, der so umstritten ist wie Kagame. Die einen betrachten Ruandas Staatschef als vorbildlichen Modernisierer und Versöhner, die anderen als Kriegstreiber und Autokraten. Unbestritten ist, dass der 52-Jährige 1994 den Völkermord in Ruanda stoppte. Während die Welt damals tatenlos zusah, wie 800 000 Menschen, zumeist Mitglieder der Tutsi-Minderheit, massakriert wurden, marschierte Kagame mit seiner Tutsi-Armee aus dem benachbarten Uganda ein und stürzte das Regime der Hutu-Extremisten.

Die Menschen haben die Befreiung des Landes vor 16 Jahren offenbar noch nicht vergessen: Obwohl die Opposition zu den Wahlen nicht antreten durfte, zwei Zeitungen verboten wurden und Oppositionspolitiker verhaftet oder gar ermordet wurden, sind viele Beobachter überzeugt, dass die Mehrheit der neun Millionen Ruander hinter ihrem Staatschef steht. Denn vor allem die wirtschaftliche Lage in dem zentralafrikanischen Land hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verbessert hat – ein in Afrika fast einmaliger Vorgang.

Desillusioniert vom Versagen der Vereinten Nationen, aber auch der afrikanischen Staaten beim Völkermord, hat Kagame in Ruanda einen ganz eigenen Weg beschritten: Während die meisten seiner afrikanischen Kollegen der Vetternwirtschaft frönen, hofiert Kagame westliche Staats- und Wirtschaftsführer. Der frühere britische Premier Tony Blair zählt zu seinen Beratern. Auch kommt es nicht von ungefähr, dass Kagame enge Beziehungen zu Israel unterhält. Denn beide Staaten leben mit einer äußeren Bedrohung und haben einen Völkermord durchlebt. Viele Geberländer betrachten Ruanda als einen Vorzeigestaat, denn es gibt kaum Korruption.

Wirtschaftlich ist Ruanda mit einem durchschnittlichen Wachstum von 8,4 Prozent in den vergangenen fünf Jahren erheblich besser vorangekommen als der Rest Afrikas. Unter Kagames Führung hat sich das Sozialprodukt seit 2005 verdoppelt, auch wenn es mit nur fünf Milliarden US-Dollar noch immer sehr gering ausfällt. Die meisten Ruander haben heute eine Krankenversicherung. Und selbst die Steuereinnahmen steigen Jahr für Jahr um zwölf Prozent – ein in Afrikas fast unbekanntes Phänomen. In einem aktuellen Report der Weltbank wird das Land als weltweit „bester Reformstaat“ gelobt. Außerdem könnte Ruanda als einziger afrikanischer Staat die von den UN vorgegebenen Ziele zum Armutsabbau erreichen.

Auf der anderen Seite hat Kagame seine schlagkräftige Armee mehrfach in den Kongo einmarschieren lassen und dabei wohl auch dessen Rohstoffe geplündert. Außerdem hat er Ruanda in einen Überwachungsstaat verwandelt. Es gibt weder Presse- noch Versammlungsfreiheit. Kagame lässt es nicht zu, dass sich eine offizielle Opposition bildet, und rechtfertigt das mit der notwendigen Versöhnung des ethnisch noch immer tief gespaltenen Landes. Zwar wurde der Unterschied zwischen Hutus und Tutsis per Dekret offiziell abgeschafft. Doch schwelen die Animositäten weiter.

Doch vor allem wirtschaftlich geht es aufwärts. Obwohl Ruanda das am dichtesten besiedelte Land des Kontinents ist, kann es sich selbst ernähren. Auch die Infrastruktur ist in tadellosem Zustand: Die Asphaltstraßen sind für gewöhnlich gut befahrbar, Polizisten nicht bestechlich. Kein Wunder, dass Transparency International Ruanda gerade erst zum wirtschaftlich saubersten Land in Ostafrika erklärt hat. Seit seinem Amtsantritt hat Paul Kagame immer das kleine aber hocheffiziente Singapur als Vorbild betrachtet. Viel wird nun jedoch davon abhängen, ob Ruandas Staatschef sein Versprechen einhält und in Einklang mit der Verfassung nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit im Jahr 2017 mit nur 59 Jahren auch wirklich abtritt.

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