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Wiedergewählt: Ruandas Präsident: Der 95-Prozent-Mann

Ruanda lässt den Völkermord hinter sich. Das Land ist ein Liebling der Geberländer. Doch Präsident Paul Kagame wird immer mehr zum Alleinherrscher.

Berlin - Fünf Millionen Ruander haben am Montag ihren Präsidenten Paul Kagame wiedergewählt. Das stand schon vor der Auszählung fest. Die Frage ist nur noch: Tritt Kagame seine zweite reguläre siebenjährige Amtszeit mit einem Wahlergebnis von 95 Prozent, wie 2003, oder 90 Prozent an? Zwar stehen drei weitere Präsidentschaftskandidaten auf den Stimmzetteln. Doch deren Parteien sind der regierenden Ruandischen Patriotischen Front (RPF) eng verbunden.

Paul Kagame hat 1994 die Macht in Ruanda übernommen. Er und seine RPF haben den Völkermord von Hutus an Tutsis beendet. 100 Tage lang dauerte das Morden. Am Ende waren 800 000 Menschen tot, rund 300 000 Kinder waren Waisen. Kagame brachte den Ruandern Stabilität und ein beträchtliches Wirtschaftswachstum. Weil es in Ruanda kaum Korruption und eine sehr niedrige Kriminalitätsrate gibt, ist das Land ein Liebling der Geberländer. Auch Deutschland unterstützt das kleine Land in Zentralafrika mit 39 Millionen Euro für die Jahre 2009 und 2010. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat Ruanda auf seiner ersten Reise nach Afrika besucht und war sichtlich beeindruckt.

Bill Clinton, in dessen Regierungszeit der Völkermord fiel und der wenig zu seiner Beendigung unternommen hatte, unterstützt Kagame bis heute mit seiner Stiftung. Tony Blair, der frühere britische Premierminister, gehört zu Kagames Beratern. Erst vor zwei Jahren hat Ruanda seine Amtssprache von Französisch auf Englisch umgestellt, weil Kagame Frankreich vorgeworfen hatte, seine Gegner während des Völkermords unterstützt zu haben.

Ruanda ist aber auch auf dem Weg zu einer Diktatur. Vor zwei Jahren hat die Regierung ein Gesetz durch das Parlament gebracht, das die Leugnung des Völkermords unter Strafe stellt. In der Praxis hat sich erwiesen, dass dieses Gesetz jede Kritik an der Regierung unter Strafe stellt. Wenige Wochen vor der Wahl hat die Regierung zwei kleine unabhängige Zeitungen verboten. Die Nation-Gruppe aus Kenia versucht seit mehr als einem Jahr vergeblich, eine Lizenz für eine unabhängige Zeitung zu bekommen. Am 24. Juni wurde der Journalist Jean-Léonard Rugambage, der für die nun verbotene Zeitung „Umuvugizi“ gearbeitet hat, erschossen. Er hatte versucht, eine mögliche Verwicklung des ruandischen Geheimdienstes in ein Attentat auf den früheren Armeechef Kayumba Nyamwasa in seinem südafrikanischen Exil zu recherchieren. Die ruandische Regierung behauptet, der Journalist sei von einem Angehörigen eines Opfers des Völkermords erschossen worden, das Rugambage 1994 ermordet habe.

Der stellvertretende Chef der grünen Partei, André Kagawa Rwisereka, wurde Mitte Juli nahezu enthauptet aufgefunden. Der grüne Parteichef Frank Habineza ist mehrfach verhaftet worden. Die Grünen durften bei der Präsidentschaftswahl ebensowenig antreten wie die Partei der nach 16 Jahren aus dem niederländischen Exil zurückgekehrten Victoire Ingabire Umuhoza. Sie wurde wenige Monate nach der Rückkehr zunächst verhaftet, dann unter Hausarrest gestellt. Ihr wird Leugnung des Völkermords und die Unterstützung von Terroristen vorgeworfen. Ingabires amerikanischem Anwalt Peter Erlinder erging es nicht besser. Er wurde nur aus gesundheitlichen Gründen wieder freigelassen und musste Ruanda verlassen.

Paul Simon Handy vom südafrikanischen Thinktank Institute für Security Studies (ISS) sagt, Kagame habe von der Opposition nichts zu befürchten. Allerdings habe er offenbar die Sorge, dass sich nach der Wahl eine Opposition ehemaliger Anhänger gegen ihn wenden könne. Darauf deutet auch hin, dass mehrere Generäle in Haft genommen worden sind und mehrere frühere Mitarbeiter Kagames im Verlauf des vergangenen halben Jahres ins Exil gegangen sind.

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