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Politik: Rückkehr der Klone

Von Hartmut Wewetzer

Der Nationale Ethikrat hat sich nicht auf eine einheitliche Meinung zum Klonen einigen können. Das wäre auch eine Sensation gewesen. Denn bei diesem Thema gehen die Meinungen weit auseinander, sieht man einmal vom allseits geächteten reproduktiven Klonen ab, also vom eigentlichen Menschenkopieren. Umstritten ist das therapeutische Klonen, bei dem aus einem künstlich hergestellten Embryo Stammzellen für die Behandlung Kranker gewonnen werden. Für die einen ist das therapeutische Klonen Ausdruck der Instrumentalisierung menschlichen Lebens, für andere eine segensreiche medizinische Maßnahme. In Deutschland ist es verboten. Aber international gewinnt das Klonen für die Medizin an Boden. In Großbritannien ist eine Erlaubnis erteilt worden, in den USA wäre nach der Abwahl George W. Bushs eine weitgehende Liberalisierung denkbar. Brechen die Dämme, muss Deutschland nun im Strom mitschwimmen?

Es ist erst gut zwei Jahre her, dass der Bundestag nach einer bewegenden Debatte das Stammzellgesetz beschloss. Es schränkt den Import embryonaler Stammzellen auf jene Zelllinien ein, die bereits vor 2002 erzeugt wurden. Das Klonen und Herstellen embryonaler Stammzellen ist ohnehin bereits durch das Embryonenschutzgesetz kategorisch verboten. Keine Frage: In Deutschland ist der Embryo geschützt – sofern er sich im Reagenzglas befindet.

Was hat sich in diesen zwei Jahren getan? International ist der Durchbruch in der Forschung ausgeblieben. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass die zunächst angefachte Hoffnung, die man in die ethisch unverfänglichen „adulten“ Gewebe- oder Blutstammzellen setzte, sich vermutlich nicht erfüllen wird. Es wäre schön, wenn man aus einer normalen Blutprobe Stammzellen gewinnen und mit diesen Parkinson oder Diabetes behandeln könnte. Doch es wird wohl nicht funktionieren, jedenfalls nicht ohne tief greifende Kenntnis der Lebensvorgänge in embryonalen Stammzellen.

In Deutschland arbeiten auf der Basis des Stammzellgesetzes fünf Forschergruppen. Sie benutzen importierte Zellen, die aus technischen Gründen niemals für die Behandlung von Menschen in Frage kommen werden. Ihre Ergebnisse sind quasi das geistige Eigentum der amerikanischen oder israelischen Stammzellverleiher. Nein, ein Erfolg für die deutsche Wissenschaft ist dieses Gesetz nicht. Aber es nach so kurzer Zeit wieder neu zu diskutieren, dafür gibt es zurzeit auch keinen zwingenden Grund. Ganz abgesehen davon, dass eine Abstimmung ähnlich wie 2002 ausfallen dürfte.

Das aber bedeutet nicht, dass eine Therapie mit embryonalen Stammzellen oder therapeutisches Klonen hier tabu bleiben wird. Der Horizont könnte sich öffnen. Die amerikanische Forschung steht in den Startlöchern, um im Fall von Bushs Niederlage mit staatlicher Hilfe in die Stammzell- und Klonforschung einzusteigen. Spätestens, wenn die ersten Kranken erfolgreich mit embryonalen Stammzellen behandelt werden, wird der Druck stärker. Das medizinische Argument, das bisher dem des Embryonenschutzes unterlag, wird dann ein anderes Gewicht bekommen. Deutschland ist selbst dann nicht gezwungen, ethische Bedenken über Bord zu werfen. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass Öffentlichkeit und Politik ihre Meinung änderten. Auch künstliche Befruchtung und Organverpflanzung wurden erst abgelehnt. Heute ist das eine selbstverständlich und das andere als lebensrettende Maßnahme anerkannt.

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