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Politik: Rückschlag für Ahmadinedschad

Bei Wahlen im Iran haben sich die Gemäßigten durchgesetzt – die Reformer hoffen auf ein Comeback

Konservative und liberalere, staatliche und den Reformern nahestehende Medien – sie alle feierten am Wochenende die Wahlen zu Regionalverwaltungen und zur „Expertenversammlung“ im Iran als Erfolg für sich. Wiewohl das Endergebnis noch nicht feststand, konnten doch alle um Macht und Einfluss im Iran ringenden Gruppierungen aus diesen Wahlen für sich Positives ableiten. So würdigte Präsident Mahmud Ahmadinedschad die unerwartet hohe Wahlbeteiligung von rund 60 Prozent als Votum für sein Regime und als Unterstützung des iranischen Volkes im Konflikt mit dem Westen über Irans Atomprogramm.

Tatsächlich aber zeigt der Wahltrend nach den bisher vorliegenden Ergebnissen einen Rückschlag für Ahmadinedschad in seinem ersten Popularitätstest seit seinem Amtsantritt vor 16 Monaten. Beide Wahlen lassen einen Trend zu gemäßigteren Kräften erkennen. Die Ahmadinedschad nahestehenden Ultrakonservativen konnten nicht ihre Dominanz der Stadtverwaltung Teherans halten. Dem gegenwärtigen Bürgermeister, Mohammed Baqr-Qalibaf, gelang es, die ultrakonservative Gruppierung um den Präsidenten zu spalten und vermutlich acht Sitze im Stadtrat zu erobern, während Ahmadinedschads Fraktion sich nur vier sichern konnte. Vor allem aber dürften die Reformer mit drei Sitzen den Einzug in den Stadtrat geschafft haben, ein Erfolg, der ihnen auch in der drittgrößten Stadt des Landes, in Isfahan, gelungen sein dürfte. Obwohl die Reformer noch weit von ihrer einstigen Popularität entfernt sind, geben ihnen die Wahlen neue Hoffnung auf eine politische Wiederbelebung.

Mit Spannung wurden auch die Endergebnisse der Wahl für die Expertenversammlung erwartet. Nachdem der „Wächterrat“ de facto allen Reformern die Kandidatur verweigert hatte, fand hier ein Wettkampf zwischen dem ultrakonservativen Mentor Ahmadinedschads, Ayatollah Mesbah Yazdi, und Ex-Präsident Ali Akbar Rafsandschani statt, die beide in Teheran kandidierten. Rafsandschani lag bei der Wahl zum Expertenrat mit mehr als 1,3 Millionen Stimmen weit vor Yazdi, der auf rund 700 000 Stimmen kam.

Der Erfolg ist von großer symbolischer Bedeutung für den 71-Jährigen, der lange der mächtigste Mann im „Gottesstaat“ war und der im vergangenen Jahr eine demütigende Niederlage gegen Ahmadinedschadhinnehmen musste. Sein gutes Abschneiden verdankt Rafsandschani wohl seiner Annäherung an Persönlichkeiten der Reformbewegung.

Vertreter der Reformkräfte kritisierten die ihrer Ansicht nach ungewöhnliche Verspätung bei der Bekanntgabe der Ergebnisse der Kommunalwahlen in Teheran. Laut der Nachrichtenagentur Mehr lag die Wahlbeteiligung bei rund 60 Prozent und damit höher als erwartet.

Birgit Cerha

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