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Politik: Ruf doch mal an

Zwischen Kanzler Schröder und US-Präsident Bush herrscht immer noch Funkstille – beide warten auf ein versöhnliches Signal

Von Markus Feldenkirchen

und Malte Lehming, Washington

Sollte Kanzler Schröder Amerika zum Sturz der Saddam-Diktatur gratulieren? Verpasst er sonst eine Chance, die transatlantische Eiszeit zu beenden? Regierungssprecher Anda sagte am Freitag, ein Anruf sei nicht geplant. Das Kontaktnetz sei ohnedies eng; Bush und Schröder sähen sich im Juni beim G-8-Gipfel. Der Kanzler selbst bekundet, sich „nicht aufdrängen“ zu wollen.

Im September hatte Bush dem Kanzler nicht zur Wiederwahl gratuliert – am 3. Oktober kam dann ein Glückwunsch an das deutsche Volk zum Jahrestag der Einheit. Seit dem Handschlag beim Nato-Gipfel in Prag im November herrscht Funkstille: Das Verhältnis Bush-Schröder gilt als vergiftet. Doch es gibt auch Signale des Einlenkens. So loben Außenminister Powell und Botschafter Coats das deutsche Engagement derzeit häufig. Karsten Voigt, Berlins Amerika-Beauftragter, war gerade in den USA. Selbst in konservativen Kreisen wachse dort die Einsicht, dass man den Kontakt verbessern müsse, sagt er. Und manche sähen ein, dass man auch selbst zum Zwist beigetragen habe.

Der Publizist Robert Kagan hat Bushs Team gerade aufgerufen, jetzt nicht in Richtung Berlin nachzutreten. Amerikas Presse schlägt dagegen scharfe Töne an: Schröder sei „der schlechteste Kanzler seit 1945“, Joschka Fischer solle „sich entschuldigen und konsequenterweise zurücktreten“, Deutschland habe sich „der Beihilfe zur Tyrannei und zu Kriegsverbrechen“ schuldig gemacht, weil Berlin alles getan habe, um Saddam an der Macht zu halten.

Außerhalb Washingtons, so Voigt, habe er Verständnis für Berlin gehört. „Natürlich würde ich es begrüßen, wenn Bush und Schröder wieder zu einem korrekten Verhältnis zueinander fänden.“ Von Schröder wisse er, dass er dazu auch bereit sei. Hat das Kanzleramt also im Weißen Haus angerufen, dort aber hat niemand abgenommen? Von Schröder dürften die Amerikaner jetzt „keinen Canossa-Gang, kein Schuldbekenntnis“ erwarten, sagt Voigt. Den USA zu gratulieren – das ist auch für die Oppositionsführerin heikel. Angela Merkel gilt manchen als zu USA-treu. Verklausuliert ließ sie am Freitag erklären: Sie wolle sich zu Glückwünschen nicht äußern, denn derlei laufe über persönliche Kontakte – Kontakte, die regelmäßig benützt würden, auch in diesen Tagen.

Amerika sieht Deutschland in der Bringschuld. Erwartet wird jedoch keine Demutsgeste. Erwartet wird eine konstruktive Irak-Arbeit – ohne das Beharren auf zu viel Vereinten Nationen. „Wir wollen nicht mit dem Kopf durch die Wand“: Dass man die Rolle der UN so undogmatisch beschreibt, wie es Berlin am Freitag nun tat, ist jedenfalls ein in Washington höchst willkommenes Signal.

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