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Kann er seinen Weg gehen? Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist in der CDU zunehmend umstritten. Aber die Kanzlerin hält noch zu ihm.

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Rumoren in der Union: Röttgen entfremdet sich von der CDU

Volkspartei zwischen Fortschritt und Prinzipientreue: Bundesumweltminister Norbert Röttgen gilt als Modernisierer. Er ist seiner Partei weit voraus – womöglich ein wenig zu weit.

Berlin - Im Februar war Norbert Röttgen noch optimistisch, seine Partei auf dem Weg zur Modernisierung mitnehmen zu können. Dem Tagesspiegel sagte der Bundesumweltminister damals: „Meine Partei und ihre Mitglieder freuen sich, einen wertkonservativen Ansatz des Bewahrens der Natur mit einem wirtschaftspolitischen Wachstumsprojekt verbinden zu können.“ Nun sieht es so aus, als wäre Röttgen seine Partei dabei abhanden gekommen. Vor allem aus dem Süden bekommt Röttgen beträchtlichen Gegenwind. Denn die von ihm propagierte „Modernisierung der Volkswirtschaft“ steht gegen eine langjährige Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke, die man in Baden-Württemberg und Bayern möchte.

Gegenwind hat Röttgen auch in seinem eigenen Landesverband Nordrhein-Westfalen, wo er wohl gerne Parteichef werden würde. Dort hat sich nun aber eine Anti- Röttgen-Koalition gebildet, die lieber den früheren Düsseldorfer Integrationsminister Armin Laschet an der Spitze der Partei sähe. Es gehe darum, ob die NRW- CDU „aus Berlin geführt wird oder aus dem Land“, meint Laschet. Röttgens Versuch, sich mit dem Landesvorsitz eine Hausmacht und den Posten eines Vizechefs der Bundespartei zu sichern, könnte zu Ende sein, bevor er richtig begonnen hat, während sein umweltpolitisches Modernisierungsprojekt ins Stocken gerät.

Röttgen hat in seiner ersten Rede als Umweltminister vor dem Bundestag den Schutz des Klimas als „Menschheitsgut“ bezeichnet. Die einzig mögliche „nachhaltige und konkrete Wachstumsstrategie“ ist aus seiner Sicht eine effiziente und ressourcenschonende Wirtschaftsweise. „Das nennt man international durchaus Green Economy“, sagt er. Aus seiner Sicht bietet der Koalitionsvertrag mit der FDP genau dafür die Grundlage, weil er klare Klimaziele enthält. Und eine Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke zwar verlangt, aber nur „bis sie durch erneuerbare Energien verlässlich ersetzt“ werden können. „Die Diskussion geht im Kern darum, ob wir wirklich meinen, was wir aufgeschrieben haben. Den Punkt müssen wir in der Tat klären. Wollen wir diese grundlegende Erneuerung – oder haben wir das bloß mal so gesagt“, sagte Röttgen vor sechs Monaten. Diese Entscheidung steht mit dem Energiekonzept nun im Herbst an.

Und damit geht es auch um die Zukunft einer Hoffnungsgestalt in der CDU. Röttgens Politikkarriere gewann einst an Fahrt, weil man ihn als guten Juristen einstufte. So war er rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, später Parlamentarischer Geschäftsführer. In der ersten Föderalismuskommission spielte er eine wichtige Rolle, wobei einigen Unions-Landespolitikern lange unklar war, ob er ihren Wunsch nach mehr Länderautonomie wirklich teilte oder nicht doch, im Verein mit der SPD, den Gestaltungsspielraum des Bundes ausweiten wollte.

In der Union halten bis heute nicht wenige den Umweltminister für etwas zu clever – und doch gelegentlich nicht gescheit genug. Ein Punkt, der ihnen das bestätigt, war das Debakel in eigener Sache, das sich Röttgen 2006 bereitete. Überraschend nahm er damals das Angebot an, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband er Deutschen Industrie zu werden, ein gut bezahlter Posten. Aber von der Politik wollte er nicht gleich lassen, sondern noch eine Weile Abgeordneter bleiben. Selbst der BDI hielt das für keine gute Idee. Röttgen blieb dann lieber im Bundestag. Nach außen galt er hinfort als karriereorientiert, aber ohne inneren Kompass.

Röttgen ist der Prototyp eines Berufspolitikers, der sich fast jeden Job zutraut und die jeweilige fachliche Seite vor allem als Managementaufgabe sieht, mit der man sich für den nächsten Job empfiehlt. Röttgen könnte auch Innenminister sein, Justizminister, Verkehrsminister, Verbraucherminister, Bildungsminister – er fände überall einen Ansatzpunkt, sich ein bisschen gegen die eigene Partei zu profilieren, um als Zukunftsgestalter zu gelten, der die alten Schablonen abschafft. Aber vielleicht ist es das, was ihn Teilen der CDU zunehmend suspekt macht.

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