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Rumsfeld-Klage: Karrieresoldatin als Sündenbock

Mit Kämpfen hat Janis Karpinski Erfahrung. Jahrzehntelang machte sie in der US-Armee Karriere, bis sie schließlich das Kommando im Gefängnis Abu Ghraib im Irak führte.

Washington - Wenige Frauen haben es im Militär so weit gebracht. Doch dann folgte der Tag, der ihr Leben aus den Fugen geraten ließ: Im Frühjahr 2004 veröffentlichten US-Medien skandalöse Fotos von Gefangenenmisshandlungen im US-geführten Gefängnis Abu Ghraib im Irak. Karpinski war damals die Kommandantin der Anstalt. Sie wurde dämonisiert als des Teufels Generalin, in die USA beordert, suspendiert und degradiert. Nun setzt sie sich mit zähem Kampfgeist dafür ein, dass Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in Deutschland wegen Kriegsverbrechen der Prozess gemacht wird.

Die in Ungnade gefallene Ex-Generalin führt einen persönlichen Feldzug gegen die früheren Vorgesetzten. Karpinski kam als Zeugin der Anklage nach Deutschland. Eine internantionale Gruppe von Rechtsanwälten erstattete am Dienstag bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Anzeige gegen Rumsfeld und andere hohe US-Vertreter. Sie werfen ihm vor, für die Misshandlungen in Abu Ghraib verantwortlich zu sein. Karpinski unterstützt die Anwälte. "Ich sehe es als meine Pflicht an, die Wahrheit über das auszusprechen, was ich im Irak gesehen und erlebt habe", sagte sie in Berlin. "Ich hoffe, dass meine Aussage dazu beiträgt, solche Geschehnisse für immer zu stoppen."

Karpinskis Demütigung

Die 53-Jährige kämpft dabei nicht nur für die Wahrheit, sondern auch um ihren Ruf. Der Abu-Ghraib-Skandal hat die Karrieresoldatin tief stürzen lassen. Ein interner Untersuchungsbericht des US-Verteidigungsministeiums legte ihr eklatante Führungsschwäche zur Last. Sie habe die Soldaten im Skandalgefängnis Abu Ghraib nicht im Griff gehabt und trage deshalb Mitverantwortung für die Misshandlungen irakischer Gefangener, die von den US-Soldaten fotografiert wurden und schließlich an die Öffentlichkeit gelangten.

Karpinskis Demütigung war perfekt, als die US-Armee sie dann auch noch als Ladendiebin hinstellte: Ihr wurde vorgeworfen, in einem offiziellen Dokument verschwiegen zu haben, dass sie in einem Geschäft beim Klau von Kosmetika erwischt worden war. Im vergangenen Jahr wurde sie offiziell von der Brigadegeneralin zur Oberstin degradiert. Inzwischen ist sie Reservistin.

Rumsfeld soll von Verfehlungen gewusst haben

Auf die Vorwürfe reagierte Karpinski mit einer Serie von Interviews, in denen sie sich als Sündenbock für die Verfehlungen der Pentagon- und Armeeführung darstellte. Sie selbst habe von den Verfehlungen in Abu Ghraib nichts mitbekommen. Minister Rumsfeld hingegen habe davon gewusst und die Misshandlungen ausdrücklich gebilligt. Die Pentagon-Führung habe "die Geschenisse auf diesen Fotos angeordnet", sagte sie in diesem Jahr in einem Interview mit dem australischen Fernsehsender SBS. "Der Verteidigungsminister hat sie autorisiert."

Auch wenn der Erfolg der Klage in Karlsruhe fraglich ist: Die frühere Generalin will sich nicht so schnell geschlagen geben. Der Kampf um ihre Ehre treibt sie an. "Sie schieben mir die Schuld für alles zu, sie wollen mich zum Schweigen bringen", sagte sie in einem Interview mit dem US-Sender PBS. "Sie haben mir Ladendiebstahl vorgeworfen und mich als wertlose, unfähige Vorgesetzte dargestellt. Sie können tun, was sie wollen, ich werde nicht schweigen." (tso/AFP)

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