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Mord als Mittel der Macht. Der Herrscher der russischen Provinz Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hier mit Russlands Präsident Putin, wollte in Deutschland einen Kritiker töten lassen.

© imago images / ITAR-TASS

Russischer Auftragsmord in Deutschland geplant: Bundesanwaltschaft klagt Tschetschenen wegen Vorbereitung eines Attentats an

Der Herrscher der russischen Provinz Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, wollte einen in Bayern lebenden Tschetschenen töten lassen. Die Mordwaffe lag schon bereit.

Von Frank Jansen

Die Gefahr politischer Auftragsmorde von Russen in Deutschland hält an. Die Bundesanwaltschaft hat am 4. Februar, wie sie jetzt in Karlsruhe mitteilte, beim Münchener Oberlandesgericht Anklage gegen den russischen Staatsbürger Vlad D. (47) erhoben.

Der seit 2003 in der Bundesrepublik lebende Mann soll im Auftrag von Ramsan Kadyrow, dem brutalen Herrscher der russischen Provinz Tschetschenien, die Tötung eines oppositionellen Tschetschenen in Bayern vorbereitet haben.

Vlad D. selbst ist ebenfalls gebürtiger Tschetschene. Er sei hinreichend verdächtig, sich zur Begehung eines Mordes bereit erklärt zu haben, sagte die Bundesanwaltschaft. Sie wirft Vlad D. zudem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffengesetz vor.

Der Fall wirkt in seinem Ablauf denn auch gruselig und bizarr.

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Kadyrows Sicherheitsapparat hat nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft im ersten Halbjahr 2020 Vlad D. beauftragt, den Mord an dem in der Region Augsburg lebenden tschetschenischen Oppositionellen Mochmad Abdurachmanow logistisch vorzubereiten.

Dabei ging es dem Kadyrow-Regime auch darum, den in Schweden lebenden Bruder des potenziellen Opfers, Tumso Abdurachmanow, einzuschüchtern. Tumso Abdurachmanow kritisiert im Internet als Blogger das Kadyrow-Regime und fordert ein unabhängiges Tschetschenien.

Im Februar 2020 versuchten zwei russische Auftragskiller, den Mann zu töten, doch das Attentat misslang. Die schwedische Polizei nahm die Russen fest, sie wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Das Kadyrow-Regime gab jedoch nicht auf.

Häftling ließ sich aus Angst auf Attentatsplan ein

Durch die Tötung von Mochmad Abdurachmanow in Bayern hätte sein Bruder in Schweden zum Schweigen gebracht werden sollen, meint die Bundesanwaltschaft. Kadyrows Sicherheitsapparat suchte sich in einem Gefängnis in Tschetschenien einen Häftling, dem für das Attentat in Deutschland 500.000 Euro versprochen wurden.

Die Person habe den Auftrag jedoch "aus Angst vor Repressalien" nur zum Schein angenommen, sagt die Bundesanwaltschaft. Der Mann wurde dann von Vlad D.,in Tschetschenien abgeholt und nach Deutschland geschleust. Hier machten die beiden Männer eine Schießübung mit der Pistole, die Vlad D. beschafft haben soll.

Im Dezember 2020 spähten die Männer in der Region Augsburg das potenzielle Opfer Mochmad Abdurachmanow aus. Doch der zum Attentat gezwungene tschetschenische Ex-Häftling stellte sich den deutschen Sicherheitsbehörden. Damit war der Mordplan gescheitert. Am 1. Januar 2021 nahm die Polizei Vlad D. fest. Knapp drei Wochen später übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen.

Im August 2019 erschoss ein Killer in Berlin einen Georgier

Der Fall erinnert an den Auftragsmord an einem tschetschenischen Georgier in Berlin. Der vom Putin-Regime beauftragte Killer Vadim Krasikov erschoss am 23. August 2019 im Stadtteil Moabit Zelimkhan Khangoshwili. Das Opfer hatte in Tschetschenien an der Seite der Rebellen gegen die russische Armee gekämpft. Auch in Georgien engagierte sich Khangoshwili gegen Putins Politik.

Den Mörder Krasikov konnte die Polizei kurz nach dem Attentat in Berlin festnehmen. Die Bundesanwaltschaft klagte den Russen an, das Berliner Kammergericht verurteilte Krasikov im Dezember 2021 wegen Mordes im Auftrag des russischen Staates zu lebenslanger Haft.

Der Fall belastete die deutsch-russischen Beziehungen. Die Bundesregierung wies im Dezember 2019 zwei russische Diplomaten aus, die an der Botschaft in Berlin offenbar für den russischen Militärgeheimdienst GRU tätig waren. Als Revanche erklärte das Putin-Regime zwei deutsche Diplomaten in Moskau zu unerwünschten Personen. Sie mussten Russland verlassen.

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