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Russisches Militär: Landebahn vor Amerikas Haustür

Russlands Militär prüft die Stationierung von Langstreckenbombern auf Kuba und in Venezuela. Venezuelas Präsident Hugo Chavez macht Moskau ein Angebot.

Berlin - Russlands Streitkräfte erwägen eine vorübergehende Stationierung von Langstreckenbombern in Venezuela und auf Kuba. Venezuelas Präsident Hugo Chavez hat Russland bereits eine Insel mit einem großen Flugplatz zur Nutzung angeboten. Das bestätigte Generalmajor Anatoli Schicharew, Stabschef der russischen Langstreckenflieger, nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. „Wenn es eine entsprechende politische Entscheidung gibt, ist das möglich“, sagte er. Die Ankündigung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Russland in unmittelbarer Nähe zu den USA seine militärische Macht demonstriert und Allianzen mit politischen Gegnern Washingtons sucht.

Ein Sprecher des Kremls erklärte, das Militär spreche nur über theoretische Möglichkeiten. Die russische Luftwaffe hat aber bereits genau geprüft, ob die Insel La Orchila ein geeigneter Standort für die Langstreckenbomber sein könnte. Zusammen mit anderen Offizieren besichtigte der Stabschef selbst im vergangenen Jahr den Flugplatz. Es sei nur ein kleiner Umbau nötig, erklärte er nun, dann könnten die russischen strategischen Bomber die Militärbasis nutzen. Auf Kuba hat der Generalmajor gleich vier oder fünf geeignete Flugplätze ausgemacht. Auch hier wartet das Militär nur noch auf grünes Licht von ganz oben: „Wenn der politische Wille der beiden Staatsoberhäupter da ist, sind wir bereit, dorthin zu fliegen“, sagte Schicharew.

Selbst mit den rechtlichen Fragen hat sich die russische Luftwaffe bereits befasst. Da die venezolanische Verfassung ausländische Militärbasen im eigenen Land untersagt, sollen die Langstreckenflugzeuge die Insel nur zeitweise nutzen, für Zwischenlandungen etwa. Nach Meinung von Experten ist der militärische Nutzen der Basen auf Kuba oder in Venezuela jedoch zweifelhaft, da die betreffenden Maschinen schließlich extrem lange in der Luft bleiben können und somit kaum auf Zwischenlandungen angewiesen sind. Selbst Ziele in den USA ließen sich direkt von Russland aus erreichen.

So geht es wohl vor allem um die Demonstration militärischer Macht. Im September 2008 waren zwei strategische Bomber vom Typ Tu-160 auf Einladung von Chavez in Venezuela gelandet, geleitet wurde diese Mission übrigens von Schicharew persönlich. Es war das erste Mal seit dem Ende des Kalten Krieges, dass russische Bomber im Westen Station machten. Russland hatte erst 2007 die regelmäßigen Patrouillenflüge von Langstreckenbombern wieder aufgenommen, die 1992 nach dem Zerfall der Sowjetunion und im Zuge der Entspannung zwischen Ost und West eingestellt worden waren.

Venezuela bemüht sich seit längerem darum, sich Russland als strategischer Partner anzudienen. Die russische und die venezolanische Marine hielten ein gemeinsames Manöver in der Karibik ab – auch das ein Zeichen an die USA. Doch Washington reagierte gelassen. Das könnte sich jedoch ändern, falls Russland ähnliche Pläne mit Kuba verfolgen sollte. Bereits im vergangenen Sommer warnte ein US-Luftwaffengeneral, wenn Moskau eine Basis auf Kuba für atomwaffenfähige Bomber nutze, werde für Washington eine „rote Linie“ überschritten. Eine russische Zeitung hatte zuvor über entsprechende Pläne berichtet. Diese Nachrichten weckten in den USA Erinnerungen an die Kuba-Krise 1962, als die Verlegung von sowjetischen Raketen nach Kuba die Welt an den Rand eines Krieges brachte.

Die Ankündigung der russischen Luftwaffe, möglicherweise Militärbasen in Kuba und Venezuela zu nutzen, gilt als Antwort auf US-Pläne für eine Raketenabwehr in Mittel- und Osteuropa. Diese Pläne stoßen in Moskau auf heftigen Widerstand, eine Einigung ist nicht in Sicht.

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