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Politik: Russland: 20 Tote durch Autobomben

Bei drei Bombenanschlägen in Südrussland sind mindestens zwanzig Menschen getötet und mehr als neunzig verletzt worden. Wie das Moskauer Innenministerium mitteilte, wurden zwei der Anschläge in der Nähe der Grenze zur abtrünnigen Republik Tschetschenien verübt.

Bei drei Bombenanschlägen in Südrussland sind mindestens zwanzig Menschen getötet und mehr als neunzig verletzt worden. Wie das Moskauer Innenministerium mitteilte, wurden zwei der Anschläge in der Nähe der Grenze zur abtrünnigen Republik Tschetschenien verübt. Die russische Regierung machte tschetschenische Rebellen für die Explosionen verantwortlich. Die tschetschenische Führung wies eine Beteiligung zurück. Im Herbst 1999 hatte eine Serie schwerer Bombenanschläge mit fast 300 Toten Russland erschüttert. Daraufhin marschierten russische Truppen in das nach Unabhängigkeit strebende Tschetschenien ein.

Im Kurort Mineralnyje Wody, wo um 10.01 Uhr am Eingang zum zentralen Markt eine Bombe explodierte, starben mindestens 13 Menschen. 80 trugen zum Teil sehr schwere Verletzungen davon. Dem Sprengstoff waren Schrauben und Bolzen beigemischt. Vier Minuten später detonierte im knapp 50 Kilometer entfernten Kurort Jessentuki vor dem Gebäude der Verkehrspolizei ein weiterer Sprengsatz. Dabei wurden 22 Menschen verletzt. Einigen wurden Arme oder Beine abgerissen. Zuvor war um 9.30 Uhr in der Teilrepublik Karatschai-Tscherkessien eine Bombe explodiert. Dabei kamen zwei Polizisten ums Leben. Bei allen Attentaten waren die Sprengsätze in geparkten Autos deponiert. Ermittler sprechen daher von "Gliedern ein und derselben Kette" und gehen von Terroranschlägen aus.

Der Kreml reagierte weitgehend ratlos. Verstärkte Patrouillen und Straßenposten im gesamten Nordkaukasus, die seit gestern auch vor allen wichtigen Industrieanlagen Bahnhöfen, Flughäfen und Staudämmen aufgestellt wurden, sind das bisher einzig konkrete Ergebnis einer Krisensitzung unter Vorsitz von Putin, den die Hiobsbotschaft kalt erwischte. In der kommenden Woche jährt sich zum ersten Mal der Tag seiner Wahl, an dem fast 53 Prozent aller Russen für ihn als Hoffnungsträger stimmten. Wahrscheinlich am Mittwoch wird Putin zudem vor beiden Kammern des Parlaments seine Jahresbotschaft verlesen. Angebliche Fortschritte in Tschetschenien sollen in der bisherigen Fassung des Dokumentes zu den Prioritäten gehören. Um die internationale Öffentlichkeit ruhig stellen, die Moskau Unverhältnismäßigkeit der Mittel bei der Terroristenbekämpfung vorwirft, hatte Putin Anfang Februar offiziell das Ende der militärischen Kampagne in Tschetschenien verkündet und den "siegreichen Abschluss der Anti-Terror-Operation" Geheimdienstchef Nikolaj Patruschew übertragen.

Beobachter sind skeptisch, weil Stabilität im Krisengebiet nicht einmal in Ansätzen erkennbar ist. Täglich greifen die Freischärler russische Einheiten und einheimische Kollaborateure an. Putin, so ein Moskauer Kolumnist, habe bei Kriegsbeginn 1999 geprahlt, die Banditen überall, "notfalls auf der Toilette zu massakrieren". Fakt sei dagegen, dass "bis auf weiteres unsere Soldaten dort mit entsichertem Gewehr pinkeln gehen".

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