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Russland-EU-Gipfel: Was lange währt

Vor dem Gipfel mit der EU erwartet Russland zähe Verhandlungen über das neue Partnerschaftsabkommen. Befürchtet wird, dass die osteuropäischen Neumitglieder weiter versuchen dürften, ihre bilateralen Probleme mit Russland auf dem Rücken der EU auszutragen.

Russische Medien haben den zweitägigen Russland-EU-Gipfel, der an diesem Donnerstag beginnt, schon im Vorfeld als historisch gefeiert: Im sibirischen Chanty-Mansijsk, 3000 Kilometer östlich der russischen Hauptstadt, soll der Startschuss für konkrete Verhandlungen zum Abschluss eines neuen Partnerschaftsabkommens fallen, um das Moskau und Brüssel seit zwei Jahren ringen.

Das alte Abkommen zur strategischen Zusammenarbeit lief 2007 aus. Es wird zwar automatisch verlängert, entspricht jedoch aus Sicht beider Seiten längst nicht mehr dem erreichten Stand der Beziehungen. Zunächst blockierte allerdings Warschau Verhandlungen für einen neuen Grundlagenvertrag. Der Grund: Moskaus Importstopp für polnisches Fleisch. Dann verlangte Litauen die Wiedereröffnung einer russischen Ölpipeline und drohte andernfalls mit seinem Veto.

Erst bei einem Treffen der EU-Außenminister in diesem Mai war es gelungen, die Blockade zu lösen. „Der Durchbruch“, fürchtet Wladimir Tschischow, Russlands Ständiger Vertreter bei der EU, dennoch, „wird nicht der Verhandlungsbeginn sein. Der Durchbruch wird ihr Abschluss sein.“ Moskau geht dabei von mehrjährigen Verhandlungen aus. Befürchtet wird, dass die osteuropäischen Neumitglieder weiter versuchen dürften, ihre bilateralen Probleme mit Russland auf dem Rücken der EU auszutragen.

Das negative Votum der Iren zum Lissabon-Vertrag ist aus russischer Sicht außerdem ein Indiz für mögliche Schwierigkeiten bei der Ratifizierung des geplanten Abkommens mit der EU. Wenn schon der Reformvertrag in Europa durchgefallen ist, kommentierte die halbamtliche Nachrichtenagentur RIA nowosti, könnten die Parlamente der 27 EU-Mitglieder auch das Inkrafttreten des neuen Abkommens mit Russland verhindern. Schwer zu begreifen sei auch, warum ausgerechnet Russland immer wieder als Experimentierfeld für eine gemeinsame europäische Außenpolitik herhalten müsse.

Gemeint waren dabei vor allem Differenzen zum Umgang mit dem Kosovo. In Chanty-Mansijsk steht die einseitige Unabhängigkeitserklärung der ehemaligen südserbischen Provinz, die Moskau und mehrere EU-Staaten nicht anerkennen, ebenfalls auf der Tagesordnung. Russland habe zwar nichts dagegen, dass die EU einen Teil der Verantwortung für das Kosovo übernimmt, sagte EU-Botschafter Tschischow vor dem Gipfel. Voraussetzung dafür seien jedoch die Zustimmung Belgrads und eine entsprechende Resolution des UN- Sicherheitsrates.

Hoffnungen darauf, dass der Stand der politischen Zusammenarbeit das Niveau der Wirtschaftskooperation erreicht, wie sie der deutsche EU-Industriekommissar Günter Verheugen bei seinem Moskaubesuch Mitte Mai und Russlands neuer Präsident Dmitri Medwedew bereits vor seiner Wahl bei einer Unterredung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerten, halten sich daher bei russischen Beobachtern in Grenzen. Dies gilt auch für die Erfolgschancen einer strategischen Partnerschaft im Energiebereich. Russland sei ein souveräner Staat und lasse sich nicht den Umgang mit internen Problemen diktieren, warnte Gennadi Olejnik, der die Gastgeberregion im Senat vertritt. Gemeint waren die vom Westen immer wieder kritisierten Menschenrechts- und Demokratiedefizite.

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