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Anna Politkowskaja

© dpa

Russland: Politkowskaja-Mordprozess wird öffentlich verhandelt

Der Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder der russlandkritischen Journalistin Anna Politkowskaja muss auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein, so das Gericht. Trotzdem rechnen Menschenrechtler nicht mit der völligen Aufklärung des Falls.

Der Prozess um den Mord an der regierungskritischen Journalistin Anna Politkowskaja wird gegen den Widerstand der russischen Staatsanwaltschaft öffentlich verhandelt. Dies gelte, solange kein Druck von außen auf die Geschworenen ausgeübt werde, teilte das zuständige Militärgericht am Montag in Moskau mit. Der mutmaßliche Mörder, der Tschetschene Rustam Machmudow, ist auf der Flucht. Vor Gericht müssen sich zwei Brüder Machmudows und ein Polizist wegen Beihilfe zum Mord verantworten. Ein vierter Angeklagter soll die Adresse der Reporterin verraten haben. Der Prozess war Mitte Oktober formell begonnen worden. Die Ermordung Politkowskajas vor zwei Jahren hatte weltweit Bestürzung ausgelöst.

Die drei Angeklagten, die sich als unschuldig bezeichnen, sollen nach Auffassung der Staatsanwaltschaft das Opfer ausspioniert und den Mord organisiert haben. Prozessbeobachter rechnen mit einem langwierigen Verfahren. Kollegen und Freunde des Opfers befürchten, dass die vermuteten politischen Hintergründe der Bluttat nie aufgeklärt werden. Eine Anwältin der Politkowskaja-Familie kritisierte, dass bis heute weder die Auftraggeber des Mordes noch die Geldgeber ermittelt wurden.

Ermittler verdächtigt Oligarch Boris Beresowski

Der vierte Angeklagte, ein früherer Geheimdienst-Mitarbeiter, steht wegen Amtsmissbrauchs und Erpressung vor Gericht. Er soll Politkowskajas Adresse weitergegeben haben. Die vor allem durch ihre unbequeme Tschetschenien-Berichterstattung bekannte Journalistin war am 7. Oktober 2006 vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen worden.

Die Geschworenen sollen an diesem Dienstag ausgewählt werden. Die Staatsanwaltschaft scheiterte am Montag mit ihrem Antrag, die Öffentlichkeit vom Prozess mit der Begründung ausschließen, dass unter den Ermittlungsunterlagen geheime Dokumente seien. Politkowskajas Kinder forderten von den mutmaßlichen Tätern eine Entschädigung in Höhe von zehn Millionen Rubel (rund 290.000 Euro).

Bereits Mitte 2007 hatte die Generalstaatsanwaltschaft die "Aufklärung des Mordes" verkündet und Tschetschenen sowie "Staatsfeinde im Ausland" als Täter benannt. Einer der Ermittler behauptete, der im Londoner Exil lebende Oligarch Boris Beresowski habe Politkowskaja auf dem Gewissen. Zugleich halten sich bis heute in Russland Spekulationen, dass die Spuren bis in den Kreml führen. Menschenrechtler vermuten, dass eine Aufklärung des Falls nicht im Interesse der russischen Führung liege und deshalb verhindert werde. (mpr/dpa)

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