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Wladimir Putin

© dpa

Russland: Putin will nicht als autoritär gelten

Russlands Präsident Wladimir Putin sieht geordnete Verhältnisse in seinem Land, wie er bei seiner Jahrespressekonferenz deutlich macht. An die Adresse seiner Kritiker sagt er: "Ihr wartet umsonst."

Moskau - Noch behält sich Wladimir Putin die Unterschrift vor. Am Donnerstag sagte der russische Präsident bei einer Pressekonferenz vor mehr als 1000 Journalisten in Moskau, er werde den am Vortag von der Duma beschlossenen anti-amerikanischen Gesetzentwurf demnächst lesen – und dann entscheiden, ob er ihn in Kraft setzt. Als Reaktion auf die in den USA beschlossenen Sanktionen gegen russische Menschenrechtssünder hatte das Parlament Einreise- und Kontensperrungen gegen US-Beamte beschlossen, die aus Moskauer Sicht die Rechte russischer Bürger missachten. Zudem wurde die Adoption russischer Waisen durch US-Familien gestoppt, ferner US-Bürgern die Mitarbeit in russischen nicht staatlichen Organisationen untersagt.

Unmittelbar vor der Abstimmung hatte Putins Pressechef die Abgeordneten wissen lassen, der Kremlherrscher habe „Verständnis“ für die harte Linie des Parlaments. Mehrere Regierungsmitglieder hatten sich zuvor gegen einen Adoptionsstopp ausgesprochen und dies mit den Zuständen in russischen Kinderheimen sowie mit mangelnder Bereitschaft der russischen Gesellschaft zu Adoptionen begründet. Der Gesetzentwurf hatte international für Negativschlagzeilen gesorgt.

Bei der Jahrespressekonferenz – es war die erste in Putins dritter Amtszeit – war er allerdings nur ein Thema unter vielen. Denn eigentlich findet sie vor allem statt, damit Journalisten aus der Provinz dem Staatschef einmal Fragen stellen können. Diese wirkten überwiegend wie abgesprochen. Putin verblüffte mit Detailkenntnis zu vielen lokalen Problemen.

Putins zentrale Botschaft: Die Verhältnisse im Land sind geordnet, die Finanzen stabil – und dies trotz der Turbulenzen auf den Weltmärkten. Dass die Wachstumsprognosen für 2012 dennoch leicht nach unten korrigiert werden mussten – derzeit wird mit 3,7 Prozent gerechnet – erklärte Putin mit der weltweiten Rezession, vor allem in der Euro-Zone, Moskaus wichtigsten Außenhandelspartner, sowie mit Missernten in Russland.

Es gab auch kritische Fragen: Ob Stabilität nicht drohe, in Stagnation umzuschlagen? Ob Russland autoritär regiert werde? Und wie stellt sich Putin die Regelung seiner Nachfolge vor? Der beschränkte sich auf Allgemeinplätze. Stabilität sei Voraussetzung für Entwicklung, das Pochen auf die Erfüllung von Gesetzen stehe nicht im Widerspruch zu demokratischen Leitungsmethoden, der nächste Staatschef Russlands werde nicht von ihm, Putin, ernannt, sondern vom Volk gewählt. Er hoffe, seinem Nachfolger sei noch mehr Glück beschieden als ihm selbst. Denn „im Vergleich zu anderen Entwicklungsperioden Russlands“ sei die jetzige nicht die schlechteste gewesen, „vielleicht sogar die beste“, so Putin.

Auf Gerüchte um seine Gesundheitsprobleme angesprochen, sagte Putin, diese würden nur seinen politischen Gegnern nützen. Diese „sind bemüht, mal die Legitimität, mal die Handlungsfähigkeit der Staatsführung in Zweifel zu ziehen“. Darauf könne er nur die traditionelle Antwort geben: „Ihr wartet umsonst.“ Zwar bereitete ihm der Gang zum Rednerpult offenbar Schmerzen, dennoch zeigte er sich ausdauernd: Fast fünf Stunden dauerte das Pressegespräch. Damit stellte er seinen eigenen Rekord aus 2008 ein.

Außenpolitik wurde erst zum Ende hin Thema. Putin rügte den geplanten US-Raketenschild in Europa, der das strategische Gleichgewicht in der Welt zerstören und das Kampfpotenzial der russischen Atomraketen „auf null“ reduzieren würde. Um dies zu verhindern, müsse Moskau Gegenmaßnahmen ergreifen, sagte der Präsident.Elke Windisch

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