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Politik: Sachsen dringt auf rasche Aufklärung

Landtag debattiert Korruptionsaffäre / Hat CDU die Aufarbeitung behindert?

Von Matthias Schlegel

Die Vorwürfe der organisierten Kriminalität und Korruption in Sachsen, die seit mehr als drei Wochen bundesweites Aufsehen erregen, sollen zügig und lückenlos aufgeklärt werden. Darüber sind sich die sächsische Landesregierung und Abgeordnete aller Parteien im Landtag einig.

Dass es am Dienstag in der von der PDS beantragten Sondersitzung des sächsischen Parlaments zu diesem Thema trotzdem hoch herging, hatte zunächst mit dem üblichen Parteien-Hickhack zu tun: Die Koalitionsparteien CDU und SPD konnten nicht hinnehmen, dass ausgerechnet die Oppositionspartei PDS mit ihrem scharf formulierten Antrag die Landesregierung zum Jagen tragen wollte. So brachten die Koalitionäre zu Beginn der Sitzung unter massivem Protest der PDS selbst einen Antrag zur „rückhaltlosen Aufarbeitung der Aktenbestände des Landesamtes für Verfassungsschutz über Bestrebungen der organisierten Kriminalität in Sachsen“ ein, der am Ende mit der Koalitionsmehrheit angenommen wurde. Er sieht vor, „strafrechtlich relevante Vorgänge aus allen Akten“ des Verfassungsschutzes zur organisierten Kriminalität „den Strafverfolgungsbehörden vollständig zu übermitteln“. Dabei sollen rechtsstaatliche Prinzipien, „insbesondere die Unschuldsvermutung“, erhalten bleiben. Die Akten sollen auch weiterhin verfügbar sein.

Der PDS-Abgeordnete André Hahn hatte gleich zu Beginn die Fallhöhe festgelegt, um die es ging: Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, Rechtsbeugung und Geheimnisverrat, Strafvereitlung im Amt, Sexual- und Drogendelikte, Immobilienschiebereien und schwere Körperverletzung bis hin zum Mord. Das freilich zitierte er nur aus der Presse, denn als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission, die die Akten gelesen hatte, dürfe er wegen des Geheimnisschutzes nichts über deren Inhalt sagen.

Die Reizworte genügten, um eine Debatte über politische Verantwortlichkeiten anzustoßen, bei der auch koalitionäre Rücksichten aufgegeben wurden. So äußerte SPD-Vizefraktionschef Stefan Brangs sein Unverständnis darüber, dass weder der jetzige Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) noch sein Amtsvorgänger Thomas de Maizière es für nötig erachtet hätten, die Parlamentarische Kontrollkommission über die brisanten Unterlagen zu informieren.

Nahezu alle Parteien dankten dem Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig, der sich nach ersten Gerüchten über die 15 600 Seiten umfassende Aktensammlung des Verfassungsschutzes selbst ein Bild von den Papieren gemacht hatte – um dann deren Vernichtung zu fordern, weil sie rechtsstaatswidrig erhoben worden seien. Nur dadurch sei überhaupt Bewegung in den Fall gekommen, meinten SPD, PDS, FDP und Grüne. Sie rehabilitierten Schurig damit von dem – ihrer Meinung nach von der CDU lancierten – Vorwurf, er habe die Aufklärung verhindern wollen. Sowohl PDS wie auch SPD zogen aus dem konspirativen Umgang mit den Akten den Schluss, die Beobachtung organisierter Kriminalität gehöre nicht in die Verantwortung des Verfassungsschutzes, sondern der Polizei. Das Argument Buttolos, die Polizei dürfe keine Vorfeldbeobachtung machen, wiesen sie zurück.

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