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Sachsen: Linke boykottiert Einheitsfeier wegen Gauck-Rede

Sachsens Linke will nicht an einer Feier zum Tag der Einheit teilnehmen, weil der frühere Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Gauck, dort sprechen soll. Gauck habe einen "einseitigen" Blick auf die DDR, eine "angemessene" Rede sei von ihm nicht zu erwarten.

Der sächsische Landtag präsentiert sich zum Tag der Deutschen Einheit gespalten. Der traditionellen Feierstunde am 3. Oktober wird die Linksfraktion in diesem Jahr fast geschlossen fernbleiben. Ihr Vorsitzender André Hahn begründete dies mit der Auswahl von Joachim Gauck als Festredner.

Eine für den Einheitsfeiertag "angemessene und ausgewogene Rede" sei von dem langjährigen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen nicht zu erwarten. Die anderen Fraktionen distanzierten sich vom Boykott der Linken. Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) nannte es erstaunlich, dass Hahn einem "engagierten Streiter für Freiheit und Demokratie die Eignung als Festredner für den Tag der deutschen Einheit abspricht".

Hahn argumentierte, Gauck habe "eine absolut einseitige Geschichtsbetrachtung der DDR" durch eine "extreme Fokussierung auf die Stasi-Problematik". Er selbst will neben Landtagsvizepräsidentin Regina Schulz die Linke aus protokollarischen Gründen während der Feierstunde im Plenum vertreten.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle sprach von einem "peinlichen und beleidigten Fernbleiben" der Linksfraktion. Dies zeige "einmal mehr, dass die SED-Nachfolger noch immer nicht ihren Frieden mit der Einheit unseres Vaterlandes geschlossen haben". Die Linksfraktion wolle auch nach 17 Jahren den Charakter des SED-Regimes nicht wahrhaben und sei auch unter neuer Führung nicht in der Wirklichkeit der Bundesrepublik angekommen.

Von alten Strukturen nicht abgenabelt

SPD-Fraktionschef Martin Dulig begrüßte, dass Gauck die Festrede hält. Die Linke zeige mit ihrem "unsouveränen" Verhalten, dass sie sich von ihren alten Strukturen nicht abgenabelt habe. Zudem wolle sie von ihren Problemen mit der Vergangenheit eigener Abgeordneter ablenken.

Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau nannte die Begründung Hahns für das Fernbleiben der Linken "aufschlussreich" und "lächerlich". Die Linke sei offenbar "immer noch nicht bereit, die DDR als die Diktatur wahrzunehmen, die sie war". Sie habe ein Problem mit der Aufarbeitung der Vergangenheit. Was Hahn "Stasi-Problematik" nenne, sei immer noch personell in der Linksfraktion vertreten, fügte Hermenau hinzu.

FDP-Fraktionschef Holger Zastrow nannte Gauck als Festredner "eine perfekte Wahl". Der 67-Jährige habe sich "in einzigartiger Weise" um die historische Aufarbeitung der DDR-Diktatur verdient gemacht. Dass er der Linken "ein Dorn im Auge ist, qualifiziert ihn umso mehr, anlässlich der Wiedervereinigung vor 17 Jahren zu sprechen".

Iltgen wies unterdessen die Kritik Hahns am Auswahlverfahren für den Gastredner zurück. "Das Verfahren, nach dem der Redner für die Festveranstaltung am 3. Oktober vom Präsidenten ausgewählt wird, hat sich seit 1991 bewährt und wurde bereits vor vielen Jahren vom Präsidium bestätigt." Hahn hatte moniert, dass es keine fraktionsübergreifende Verständigung über den Redner gab.

Tino Moritz[ddp]

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