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Politik: Salami-Taktik - wie Hessens Regierungschef Roland Koch aufklärt

Roland Koch, Ministerpräsident und Landesvorsitzender der hessischen CDU, erinnert in diesen Tagen gelegentlich an das Schicksal des Herolds in der Antike, der für eine schlechte Nachricht mit dem Leben bezahlte. Der Überbringer von schlechten Botschaften möge doch bitte nicht für die Inhalte haftbar gemacht werden.

Roland Koch, Ministerpräsident und Landesvorsitzender der hessischen CDU, erinnert in diesen Tagen gelegentlich an das Schicksal des Herolds in der Antike, der für eine schlechte Nachricht mit dem Leben bezahlte. Der Überbringer von schlechten Botschaften möge doch bitte nicht für die Inhalte haftbar gemacht werden. Am Mittwoch hatte Roland Koch wieder unglaubliche Details vorzutragen, bei unterkühlten Temperaturen unter freiem Himmel im Garten seiner Dienstvilla. Beispielsweise, dass Kohls Geldbote und Kofferträger, Horst Weyrauch, nicht nur die Zeichnungsberechtigung für das Schwarzgeldkonto der hessischen CDU in der Schweiz besaß und die Kassenbücher der Partei führte, sondern dass er bis 1996 gleichzeitig als Wirtschaftsprüfer auch für die Kontrolle der Kassenführung verantwortlich war. Dass Weyrauch als Prüfer an seinem eigenen Handeln nichts auszusetzen hatte, diente der Partei jahrelang als Beweis für korrekte Rechenschaftsberichte.

Die zweite Botschaft des CDU-Landesvorsitzenden: Aus der schwarzen Kasse in der Schweiz sind nicht nur die angeblichen "Vermächtnisse" und ein "Darlehen" geflossen, zusammen fast 15 Millionen Mark; Koch geht inzwischen davon aus, dass außerdem weitere "fünfstellige Beträge" aus dieser Quelle als "sonstige Einnahmen" transferiert und verbucht worden sind. Bislang galten drei Personen als Mitwisser der geheimen Kriegskasse in der Schweiz: Manfred Kanther, der frühere CDU-Landesvorsitzende, sein Schatzmeister Prinz Wittgenstein und Horst Weyrauch. Inzwischen räumt Roland Koch ein, dass auch Mitarbeiter der Landesgeschäfsstelle, die gestern von der Staatsanwaltschaft durchsucht wurde, über "partielles Wissen" verfügt haben müssen. Ausdrücklich nahm Koch seinen Chef der Staatskanzlei, Minister Franz Josef Jung, von diesem Verdacht aus. Kochs politische Gegner kritisieren nicht so sehr die Höhe der Zahlungen, sondern die "Aufklärung nach Art der Salamitaktik". Zusätzliche Irritationen lösten Interviews des Ministerpräsidenten aus, in denen er bekannte, bereits während seines Winterurlaubs auf "bestimmte Zahlungen" gestoßen zu sein, die ihm "nicht erklärlich" erschienen, die ihn "stutzig gemacht" hätten. Trotzdem hatte er noch nach dem Urlaub, am 10. Januar, öffentlich gesagt: "Ich kenne bis zum heutigen Tag keinen einzigen Vorgang außerhalb der offiziellen Buchführung der CDU."

Am Vormittag kam es im Rechtsausschuss des Landtags zu einem heftigen Schlagabtausch. SPD und Grüne verlangten ultimativ, den Ministerpräsidenten in den Ausschuss zu zitieren, um den Abgeordneten zur Schwarzgeldaffäre Rede und Antwort zu stehen. Doch CDU und FDP lehnten den Antrag ab. Bei der Aufklärung des Skandals handele Koch als Parteivorsitzender und nicht als Regierungschef. Immerhin ging in dieser Ausschusssitzung auch die Regierungspartei FDP auf Distanz zu Justizminister Wagner (CDU). Am Montag hatte der im Hessischen Rundfunk gesagt, dem Urheber der Schwarzgeldkonten, Kanther, sei strafrechtlich nichts vorzuwerfen. Von einem Fehler sprach nicht nur die Opposition, sondern auch Nicola Behr von der FDP. Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP sprach der Rechtsausschuss dem Minister eine Missbilligung aus. SPD und Grüne forderten Wagner zum Rücktritt auf.

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